Familie Abraham Jakobsohn
Abraham Jakobsohn stammte aus einer alteingesessenen Neckarbischofsheimer Familie. Schon sein Urgroßvater wurde am 09.03.1758 in Neckarbischofsheim als Kaufmann Jakob geboren.
Abraham Jakobsohn wohnte in der Hauptstraße 47/49.
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Der Stolperstein
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Hauptstraße 47/49, heute
Ihr Leben und Wirken [1][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um das Jahr 1809 nahm er dann den Nachnamen „Jakobsohn“ an. Vom Ururgroßvater Abraham Jakobsohns weiß man nur, dass er Jakob hieß. Abraham Jakobsohns Vater Kaufmann Jakobsohn (23.04.1832 – 05.12.1924) war Bäckermeister und mit Fanny Jakobsohn, geborene Götter aus Ehrstädt (10.12.1832 – 05.10.1902) verheiratet. Er liegt zusammen mit seiner Frau auf dem Waibstädter Judenfriedhof begraben (Grab 146a und Grab 146, 11.Reihe, 2.Grab von unten).
Von den 9 Kindern von Abrahams Jakobsohns Eltern blieben nur Abraham und David Jakobsohn in Neckarbischofsheim. Abraham Jakobsohn wohnte in der Hauptstraße 47/49. Er war Handelsmann und heiratete Johanna Türkheimer. Seine Frau starb 1934 und wurde im jüdischen Friedhof in Waibstadt in einem Doppelgrab beerdigt.
Abraham und Johanna Jakobsohn hatten 7 Kinder, die alle auch in Neckarbischofsheim geboren sind. Die älteste Tochter Auguste war in Frankreich verheiratet und überlebte den Holocaust. Das jüngste Kind der Jakobsohns Fanny starb 1907 mit 11 Monaten.
Die Tochter Betti Jakobsohn, verheiratete Jfland, verübte am 23.10.1941 in Köln kurz vor ihrer bevorstehenden Deportation Selbstmord in den Kölner Messehallen. Die beiden Kinder Berta und Jakob, der sich im 1.Weltkrieg als deutscher Soldat beide Füße erfror, sind verschollen, d.h. auch sie haben die Shoah nicht überlebt. Abraham Jakobsohns Tochter Sophie heiratete im April 1930 Max Katz, der im Hause seines Schwiegervaters in der Hauptstraße 47/49 eine Reisehandlung betrieb. Sophie Katz wurde mit ihrem Mann Max Katz am 18.08.1942 aus Frankfurt a.M. nach Theresienstadt deportiert. Sie starb dort knapp 3 Monate nach ihrem Mann am 31.01.1943.
Julchen Jakobsohn (geb. 04.12.1899) heiratete 1930 den holländischen Viehhändler Henri Andriesse. Der gemeinsame Wohnsitz für die junge Familie war die holländische Stadt Gennep. Am 01.07.1932 wurde dort ihre Tochter Selly geboren. Julchen und Henri bekamen 1937 noch eine weitere Tochter Carla. Carlas Grabstein steht noch in Gennep.
In hebräischer Schrift ist darauf zu lesen: Sie starb „mit 6 Wochen am Mittwoch, den 01.Dezember 5698. Ihre Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens.“ Henri Andriesse muss ein mutiger, engagierter und politischer Mensch gewesen sein, denn er verhalf vielen Juden, die aus Deutschland nach Tschechien geflohen waren, zur Flucht nach England. Er selbst lehnte es ab, mit seiner Familie seine Heimat in den Niederlanden zu verlassen. Holland war ja neutral.
Dass man sich in Holland vermeintlich vor den Nazis sicher wähnte, war auch der Grund, warum Abraham Jakobsohn mit 78 Jahren Neckarbischofsheim verließ und kurz vor dem Ausbruch des 2.Weltkriegs 1939 endlich zu seiner Tochter Julchen und ihrer Familie nach Gennep zog. Das vermeintlich sichere Holland wurde mit dem Ausbruch des Krieges für Juden zu einer tödlichen Falle. Henri Andriesse und seine Familie wurden zusammen mit seinem Schwiegervater Abraham Jakobsohn verhaftet und am 10.April 1943 in das Lager Vugth deportiert. Im Internet findet sich eine Liste der Besitztümer gefunden, die die Familie in Gennep zurücklassen musste.
Von Vugth aus rollten die Transporte in die Vernichtungslager im Osten. Sobibor war ein reines Vernichtungslager. Man schätzt, dass bis zu 250 000 Juden in den Gaskammern von Sobibor ermordet wurden. Um diesen Massenmord zu bewerkstelligen, brauchte es nur rund 30 SS-Männer, ca. 90 Trawnickis, wie z.B. den Ukrainer John Demjanjuk und in einem anderen Bereich des Lagers 400 Häftlinge, die den letzten Besitz der Ankömmlinge sortierten und die von weiteren 18 SS Männern bewacht wurden. Wer als Jude morgens in Sobibor ankam, war abends sicher tot.
Abraham Jakobsohns Transport nach Sobibor ging am 10.Mai 1943 von Vught aus los. Die Zugfahrt dauerte ca. 4 Tage. Es ist nicht vorstellbar, welche Strapaze dies für den alten Mann war. Man muss davon ausgehen, dass Abraham Jakobsohn mit 82 Jahren am 14.05.1943 in Sobibor vergast wurde. 78 Jahre seines langen Lebens lebte Abraham Jakobsohn hier in Neckarbischofsheim. Am 6. und 7.Juni 1943 gab es insgesamt 2 große Transporte von Vught nach Sobibor mit insgesamt 1269 Kindern. Ob die 10jährige Selly im selben Eisenbahnwaggon wie ihre Mutter Julchen transportiert wurde, lässt sich nicht beantworten. Auf jeden Fall wurden Selly und Julchen gleich nach ihrer Ankunft vergast. Ihr Todesdatum wurde auf den 11.Juni 1943 festgesetzt. Henri Andriesses Zug in den Tod ging ca. 5 Wochen später. Er wurde am 16.Juli 1943 mit 46 Jahren ermordet.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Rechercheergebnisse von: Adolf – Schmitthenner – Gymnasium, Neckarbischofsheim, Projektgruppe „Judentum im Kraichgau“, Realschule Waibstadt, Verein für Heimatpflege e.V., Neckarbischofsheim, SPD – Ortverein Neckarbischofsheim, Verein „Jüdisches Kulturerbe im Kraichgau e.V.“, veröffentlicht in einem Flyer zur Gedenkveranstaltung zum 79. Jahrestag der Zerstörung der Synagoge in Neckarbischofsheim am 9. November 2017