Familie Frank
Friederike Frank, Siegfried Frank, Inge Frank und Bertha Ottenheimer lebten in der Waibstadter Straße 5
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Die Stolpersteine
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Waibstadter Str. 15, heute
Ihr Leben und Wirken [1][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Friederike Frank (geborene Ottenheimer) wurde am 02.04.1890 in Heinsheim geboren. Sie heiratete Julius Frank und lebte mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern Siegfried und Inge in der Waibstadterstraße 5.
Die Franks waren eine wohlhabende Familie. Sie besaßen ein großes Fuhrgeschäft und handelten mit Baustoffen. Das Hauptlager befand sich in Helmstadt in der Nähe des Bahnhofs. Julius Frank kämpfte für Deutschland im 1.Weltkrieg, worauf er immer sehr stolz war. Er besaß nach Dr. Georg Hamburger das 2.Auto in Neckarbischofsheim.
Als sich die Situation für die jüdischen Mitbürger in Deutschland sichtbar verschlechterten, fuhr er nach Palästina. Er meinte aber als dekorierter Kriegsteilnehmer des 1.Weltkrieges nicht auswandern zu müssen. Schließlich sei er doch kein Orangenpflücker. Kurz vor der Reichspogromnacht Anfang November 1939 zog Bertha Ottenheimer aus Heinsheim zu ihrer Tochter nach Neckarbischofsheim.
Nach der Zerstörung der Synagoge setzten die Franks alles daran, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Während Inge Frank im März 1939 mit einem der Kindertransporte nach England fliehen konnte, organisierte Julius Frank im Juni 1939, dass Siegfried Frank mit Hilfe der Jugend-Alija nach Palästina aureisen konnte. Es gibt einen Briefwechsel zwischen Julus Frank und seinem Bruder Moritz in London, in dem die Modalitäten der Ausreise und die Kosten von ca. 5 000 Reichsmark nachzulesen sind.
Julius Frank starb am 26.01.1940 im Kreiskrankenhaus in Sinsheim. Es war die letzte Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof in Waibstadt. Nach dem Tod ihres Mannes wohnte Friederike Frank bis zu ihrer Deportation am 22.10.1940 zusammen mit ihrer Mutter allein in der Waibstadterstraße 5.
Nach der Deportation wurde der Haushalt der Franks öffentlich von der Treppe ihres Hauses aus versteigert.
Ein Hitlerjunge, der damals mit seinen Kameraden auf der gegenüberliegenden Mauer des damaligen Amtsgerichtes saß, berichtete, dass sehr viele Neckarbischofsheimer bei der Versteigerung anwesend waren und dass der damalige NAZI-Bürgermeister Karl Schütz, der die Versteigerung leitete, sich dabei durch schlimme Kommentare und Zoten hervortat. Es sei für alle „eine große Gaudi“ gewesen.
Es gibt noch einige Briefe, die Friederike Frank aus dem Lager Gurs an ihre beiden Kinder geschrieben hat. In einem Geburtstagsbrief an ihre Tochter Inge im August 1941, beruhigt sie diese, in dem sie schreibt, dass sie anlässlich von Inges Geburtstag in Gurs mit der Familie und Tante Wolff und ihrem Mann zusammen Kaffee getrunken hätten und dass es ihr gut gehe. „Wir saßen draußen mit Blick auf die Pyrenäen. … Ich bin zusammen mit sehr netten Leuten, sie sind alle lieb und nett zu mir, das schätze ich sehr.“
Friederike Frank wurde am 01.09.1942 mit dem Zug ins Lager Drancy deportiert. Am 09.09.1942 ging dann der Transport 30 von dort nach Auschwitz. Ihr Name ist auf der Transportliste unter „Frank, Frederique, 01.04.90, Heinzheim, A“ („A“ = Deutschland) verzeichnet. Friederike Frank wurde in Auschwitz – Birkenau mit großer Wahrscheinlichkeit sofort nach ihrer Ankunft am 11.09.1942 in den Gaskammern umgebracht.
Siegfried Frank wurde am 27.01.1923 in Neckarbischofsheim geboren. Im Gegensatz zu seiner Schwester Inge hatte er es in seiner Jugendzeit „nicht schön“. Hermann Zeller (1925 – 2018) berichtete: „Siegfried Frank war ungefähr 2 Jahre älter als ich. Der Siggi, wie wir ihn nannten, hatte es nicht schön. Er war nicht sportlich. Da wurde er oft von uns Jungen und vor allem den Lehrern regelrecht geplagt. Beim alten Sportplatz oben bei Zellers hinter dem heutigen KVG-Gebäude gab es zum Beispiel ein Klettergerüst. ... Siegfried Frank schaffte es nicht dort hochzuklettern. Also wurde er von uns hochgehievt und weil er sich nicht runtertraute, wurde er auf Anweisung des Lehrers einfach wieder runtergestoßen. Er wurde wirklich sehr geplagt. Die Inge war da ganz anders.“ Inge Frank bezeichnete ihren Bruder ihren 3 Töchtern gegenüber immer als einen „Bücherwurm“.
Am 04.04.1939 war Siegfried Frank in einem Hachschara Lager Steckelsdorf bei Rathenow in Brandenburg. Dort wurde er auf die „Auswanderung“ nach Palästina vorbereitet. Er gehörte dabei zu einer Gruppe von Jugendlichen, die nach ihrer Ausreise eine zweijährige Fischereiausbildung in Haifa machen sollten. Aus den Briefen der Mutter ist zu entnehmen, dass er im August 1941 in Haifa war und im Februar 1942 in Kfar Pines wohnte. Dort machte er eine Ausbildung zum Koch. Im letzten Brief vom Mai 1942 machte sich die Mutter Sorgen über die Zukunft ihres Sohnes.
Danach ist von Siegfried Frank nur noch bekannt, dass er einmal in britischer Uniform die Familie von Samuel Jeselsohn in Tel Aviv besuchte. Nach den Recherchen von Peter Beisel kämpfte er für die britische Armee bei El Alamein. Im Frühjahr 1943 starb Siegfried Frank nach Aussagen seiner Schwester Inge an Gelbfieber. Beerdigt wurde er im April 1943 auf dem britischen Soldatenfriedhof in Andimishk im damaligen Persien.
Ingeborg Sophie Frank (verheiratete Markowitz) wurde am 11.08.1926 in Neckarbischofsheim geboren. Inge, wie sie von allen genannt wurde, hat später immer von einer glücklichen Kindheit in ihrer „alten Heimat“ gesprochen. Im März 1939 konnte sie mit einem der letzten Kindertransporte nach England zu ihrem Onkel Moritz Ottenheimer fliehen.
Sie machte in England eine Ausbildung zur Krankenschwester und wanderte 1947 auf der Queen Elisabeth in die USA aus. 1949 heiratete sie Arthur Markowitz. Aus dieser Ehe stammen 3 Töchter.
Sie besuchte seit 1964 immer wieder bis ins hohe Alter ihre „alte Heimat“ in Neckarbischofsheim. So hatte sie sich noch 2015 Flugtickets gekauft, aber ihr Gesundheitszustand erlaubte es ihr nicht mehr zu fliegen.
Inge Frank starb am 10.05.2019 in Silver Spring, MD. Leider konnte sie die Verlegung der Stolpersteine für ihre Familie nicht mehr erleben.
Bertha Ottenheimer (geborene Kahn) wurde am 11.10.1864 in Gemmingen geboren. Sie war mit dem Viehhändler Abraham Ottenheimer aus Heinsheim verheiratet, der 1924 starb.
1938 zog sie zu ihrer Tochter Friederike Frank in die Waibstadterstr. 5.
Erna Hecht berichtete 2006 folgendes vom Tag der Deportation nach Gurs am 22.10.1940: „Als die alte Frau Frank (sie meinte die Mutter von Friederike Frank Berta Ottenheimer) mit ihrem Koffer Richtung Rathaus durch die Hauptstraße ging, da wusste ich, das kann nicht in Ordnung sein. Dort wurden sie dann auf Lastwagen verladen.“ Auf Nachfrage präzisierte Frau Hecht: „Es war der Schwanenwirt, der die beiden Frauen zum Rathaus eskortiert, ja eher getrieben hat. Dabei war er sehr grob und bösartig. Er schrie: Die Juden müssen raus! Oder ähnliches.“
Während ihre Tochter am 09.09.1942 von Gurs aus über Drancy nach Auschwitz deportiert wurde, blieb Bertha Ottenheimer in Gurs. Nach den Aufzeichnungen ihrer Enkelin Anneliese Wagner sollte sie mithilfe von Mittelsmännern und Bestechungsgeldern in die Schweiz gebracht werden. Aufgrund eines Bruchs der Hüfte – sie war im Schlamm des Lagers ausgerutscht – scheiterte dieser Fluchtversuch. Sie wurde danach in einem Kloster gesund gepflegt, fiel aber dann doch noch den Nazis in die Hände.
Mit dem Transport 69 wurde Bertha Ottenheimer am 07.03.1944 nach Auschwitz deportiert. Ob sie während der 3-tägigen Zugfahrt in den Viehwaggons starb oder unmittelbar nach ihrer Ankunft in Auschwitz – Birkenau umgebracht wurde, ist nicht bekannt.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Rechercheergebnisse von: Adolf-Schmitthenner-Gymnasium, Neckarbischofsheim, Projektgruppe „Judentum im Kraichgau“, Realschule Waibstadt, Verein für Heimatpflege e.V., Neckarbischofsheim, SPD – Ortverein Neckarbischofsheim, Verein „Jüdisches Kulturerbe im Kraichgau e.V.“, veröffentlicht in einem Flyer zur Gedenkveranstaltung zum 84. Jahrestag der Zerstörung der Synagoge in Neckarbischofsheim am 9. November 2022