Familie Oppenheimer
Sofie Oppenheimer wohnte in der Hauptstraße 34.
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Der Stolperstein
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Hauptstraße 34, heute
Ihr Leben und Wirken [1][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Neckarbischofsheimer Familie Oppenheimer geht auf Gottlieb Oppenheimer (gest. 01.01.1736, beerdigt auf dem Jüdischen Friedhof in Waibstadt) zurück. Sein Enkel Gottlieb Samuel Oppenheimer (geb. 1751 – gest. 1819), verheiratet mit Vögele Oppenheimer, geborene Strauss (gest. 20.06.1831) wird schon als Handelsmann bezeichnet.
Ihre Enkel Gottlieb und Baruch Oppenheimer führten ab Mitte des 19.Jahrhunderts bis zu ihrem Tod zu Beginn des 20.Jahrhunderts als „Gebrüder Oppenheimer“ ein gut gehendes Geschäft, vermutlich in der von Hindenburgstraße 4, dem späteren Wohnhaus von Theodor Jeselsohn. Auf einem Foto von diesem Haus aus dem Jahr 1911 ist auf einem Schild noch „Gebrüder Oppenheimer“ zu lesen.
Gottlieb und Baruch Oppenheimer handelten dabei hauptsächlich mit Getreide und Mehl.
Gottlieb (geb. 19.04.1829) und Baruch Oppenheimer (07.11.1833) heirateten die Schwestern Sara und Charlotte Rosenfeld aus Mühringen/Horb am Neckar. Während die Ehe von Gottlieb und Sara Oppenheimer kinderlos blieb, hatten Baruch und Charlotte Oppenheimer 9 Kinder, wobei ein Kind bei der Geburt und eines während des ersten Lebensjahres starb.
Baruch Oppenheimer starb mit 68 Jahren ganz überraschend am 12.07.1901. Bei seiner Trauerfeier waren „alle Konfessionen von hier und Umgegend vertreten.“
Über Gottlieb Oppenheimer lesen wir in der Zeitschrift „Der Israelit“ vom 22.08.1904, dass er nach „nahezu 30 Jahren“ an der Spitze der jüdischen Gemeinde in Neckarbischofsheim „wegen seines hohen Alters von seinem Amte zurückgetreten“ ist. Dabei wird der Wunsch geäußert, „dass sich Herr Oppenheimer noch lange der Frucht seiner Arbeit in dem Gedeihen der israelitischen Gemeinde erfreuen möge“. Sein Tod am 12.11.1904 muss deshalb sehr plötzlich und unerwartet gekommen sein.
Ob und in welcher Weise das Geschäft der „Gebr. Oppenheimer“ danach weitergeführt wurde, lässt sich anhand der sehr spärlich vorhandenen Quellen nicht sagen.
Von den 7 überlebenden Kindern von Baruch und Charlotte Oppenheimer wanderte Frieda (geb. 1864) nach Argentinien aus. Von Simon (geb. 1868) und Julius (1871) gibt es keinerlei Spuren. Hermann (geb. 1874), der in Berlin lebte, starb im Dezember 1942 im KZ in Riga. Moritz, Sigmund und Sofie wurden am 22.10.1940 von ihren jeweiligen Wohnorten in Baden aus nach Gurs deportiert.
Moritz (geb. 1865) war bis zu seiner Pension Direktor der Herrenmühle in Heidelberg und dort über Jahrzehnte Stadtrat der Stadt Heidelberg und als Vorstand in der dortigen jüdischen Gemeinde tätig. Moritz Oppenheimer konnte mit seiner Frau – vermutlich mit Hilfe von Hermann Maas – über Madrid und Lisabon in die USA emigrieren. Kurz vor seinem Tod in New York im Jahr 1946 erfuhr er wahrscheinlich noch, dass sein Sohn Bruno am Tag nach seiner eigenen Deportation nach Gurs in Grafeneck (Euthanasie T 4 Aktion) umgebracht wurde.
Sigmund (geb. 1872) lebte in Karlsruhe und überlebte Gurs und verschiedene andere Lager. Er starb im Mai 1948 im selben Altenheim in Südfrankreich, in dem auch seine Schwester Sofie damals noch lebte.
Sofie Oppenheimer (geb.: 24.Mai 1867 – gest.: 1952) war von Geburt an taubstumm. Über ihre Kindheit und Jugend wissen wir nichts. Da ihre Geschwister mit der Zeit nach und nach aus Neckarbischofsheim wegzogen, lebte sie danach wahrscheinlich allein im Haus in der Hauptstraße 34.
Aber sie wusste sich zu helfen. Anneliese Müller erzählte 2015 folgende Geschichte: „Da die alte Frau Oppenheimer ja nichts hörte, legte sie deshalb einen Lappen auf die Türklinke oder Türglocke. Wenn dieser Lappen dann durch das Drücken der Türklinke oder das Läuten der Glocke herunterfiel, wusste sie, dass an der Haustür jemand etwas von ihr wollte.“ Ein anderer Zeitzeuge berichtete ähnliches: „Sofie Oppenheimer war taubstumm. Sie hatte eine Klingel / Glocke mit so einer Schnur. Wenn jemand schellte, bewegte sich die Glocke. Wenn sie das sah, ging sie runter und öffnete die Tür.“
Am 22.10.1940 wurde Sofie Oppenheimer zusammen mit 11 weiteren jüdischen Mitbürgern/innen nach Gurs deportiert. Sie war 73 Jahre alt, als sie auf dem Marktplatz in Neckarbischofsheim auf den Lastwagen steigen musste. „Sie hat, als sie fort musste, dem Polizisten eine Ohrfeige gegeben. Sie hat nicht verstanden, was um sie herum vorging.“ (Anneliese Müller – 30.05.2015).
Von Gurs aus kam sie in weitere Lager (u.a. Recebedou, Nexon) und schließlich aus Altersgründen ins Altersheim in Cornil, weil die dortigen alten Jüdinnen und Juden aus Sicht der Nazis angeblich nicht mehr lange zu leben hatten.
Ihr Bruder Moritz schreibt in einem Brief aus New York im Dezember 1945: „... Mein Bruder Sigmund und seine Frau sowie meine 78-jährige Schwester Sofie, die alle auch in Gurs waren, sind leider immer noch in Südfrankreich, nämlich im Asile de Rabes in Cornil-Correge. ...“.
„Für viele betagte Juden war mit dem Ende des Krieges die Leidenszeit nicht vorüber. Sofie Oppenheimer, die von Cornil zu ihrer Schwester nach Bueonos Aires auswandern wollte, bekam keine Einreisebewilligung (Brief von Moritz Oppenheimer vom 09.12.1945). Eine Rückkehr in das Nachkriegsdeutschland war für die 78jährige Frau nicht möglich. Sie hatte die Heimat mit einem Koffer und 100 Mark verlassen. Ihr Besitz war – wie der ihrer Leidensgenossen – zu Gunsten der Staatskasse versteigert worden. Ihr Bruder, mittlerweile ein 80jähriger Mann, der selbst auf die Unterstützung seiner Kinder angewiesen war, schickte jeden Monat aus New York ein Paket mit Lebensmitteln.“ (nach Peter Beisel)
Sofie Oppenheimer hat dieses Altersheim in Cornil nicht mehr verlassen können und starb dort 1952.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Rechercheergebnisse von: Adolf-Schmitthenner-Gymnasium, Neckarbischofsheim, Projektgruppe „Judentum im Kraichgau“, Realschule Waibstadt, Verein für Heimatpflege e.V., Neckarbischofsheim, SPD – Ortverein Neckarbischofsheim, Verein „Jüdisches Kulturerbe im Kraichgau e.V.“, veröffentlicht in einem Flyer zur Gedenkveranstaltung zum 84. Jahrestag der Zerstörung der Synagoge in Neckarbischofsheim am 9. November 2022