Beschreibung des Brandes zu Neckarbischofsheim

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In dem Buch "Beschreibung des großen Brandes von Neckarbischofsheim" von 1860 wird die ausführliche und sehr spannende Geschichte des Brandereignisses erzählt.

In dem Buch wird für Außenstehende auch eine Stadtbeschreibung und die Geschichte Neckarbischofsheims aus der Sicht des Jahres 1860 und die Geschehnisse nach dem Brand eindrücklich beschrieben. Hierzu gehören eine Aufstellung, wer damals zu Schaden kam und mit welchen Maßnahmen damals mit sehr großer Anstrengung den Geschädigten geholfen wurde.

Die Stadtbeschreibung und die Geschichte Neckarbischofsheims wurden in eigene Kapitel ausgelagert, die Geschehnisse nach dem Brand wurden hier nicht übernommen. Wenn dich diese Details interessieren, kannst du sie direkt bei Google Books [1] nachlesen.

Das folgende Bild zeigt das Ausmaß des Brandes[2].

Der große Brand von Neckarbischofsheim [1][3][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorwort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nacht vom 2. auf den 3. November 1859 sah einen groBen Theil unsers Städtchens in Asche sinken; die Schrecken jener schaurigen Nacht sind unserm Gemüthe tief eingeprägt. Die Feuersäulen, welche in verschiedenen Richtungen zum Himmel aufstiegen, das Feuermeer, welches eine Zeit lang die Brandstätte übergoß, stehen noch vor unsern Augen; aber der Weg ist uns nicht ganz klar, welchen das verheerende Element auf seinem Zerstörungsgang eingeschlagen hatte. Wir hören noch den Jammer, die Klag und Hülferufe der von Haus und Hof Vertriebenen, und das Geheul der Thiere; aber was die Einzelnen in jener Nacht erlitten haben, und wie sich die Leiden der Einzelnen zu einem gräulichen Bilde des Gesammtleidens zusammenfassen, wissen wir nicht. Noch ist das Getöse der von nah und fern mit Wagen und Spritzen zu Hülfe herbeieilenden Mannschaften und der sich zu großen Massen anhäufenden Menschen wohl in unsrer Erinnerung; doch aber wissen wir nicht, was Alles in jener Nacht geleistet worden, und mit welchem Erfolg man überall dem entfesselten Element entgegengetreten ist. Die von der Feuersbrunst nicht berührten Straßen, zumal die Hauptstraße, sehen wir noch mit allem möglichen Hausrath und mit beladenen Wagen angefüllt; die Angst und Sorge über die nächste Zukunft der vielen von ihrem Heerd Vertriebenen steht noch vor unserer Seele; auch wissen wir wohl, daß sogleich für Unterbringung und Nahrung der Obdach- und Brod-losen gesorgt worden ist; aber in welchem Umfang dieses geschah, darüber sind doch nur Einzelne unterrichtet. Wir wissen auch, daß zur Abhülfe der augenblicklichen Noth alsbald von nah und fern Vieles gethan wurde; aber woher die Hülfe kam, und was damit erreicht wurde, ist doch nicht Vielen bekannt; und ob wir endlich auch wissen, daß eine höchst erfreuliche Theilnahme an dem großen Unglück sich bis in weite Ferne gezeigt hat, so dürfte doch die Kunde von dem, welche Ausdehnung diese Theilnahme hatte, wieweit die geleistete Beihülfe zur Deckung des sehr großen Schadens ausreichte, in welcher Weise und nach welchem Maßstab die Gaben verwendet worden sind, nicht weit über den Kreis derjenigen hinausreichen, welche dazu berufen wurden, die eingekommenen Gaben zu verwalten und zu verwenden. Wir haben des Schrecklichen Vieles erfahren, aber ein Bild von dem ganzen unglücklichen Ereigniß und seinen Folgen will sich uns doch nicht gestalten.

Wer aber ein solch schreckliches Ereigniß nicht nur für bloßen Zufall ansieht, wer vielmehr in den Schicksalen der Menschen ein göttliches Walten erkennt, dem ist es von Wichtigkeit, ja es ist ihm ein Bedürfniß, den Wegen Gottes nachzugehen, und seine Absichten verstehen zu lernen, wenn er die Menschen heimsucht, ihnen aber auch wieder Trost und Hoffnung, Aufrichtung und Rettung bringt. Diesem Bedürfniß wollen diese Zeilen entgegenkommen. Die Geschichte jener schrecklichen Nacht, so weit sie sich nach eigener Anschauung und nach Mittheilungen von Augenzeugen entwickeln läßt, Alles, was da gelitten und geleistet worden ist; die Folgen derselben, sowohl in Bezug auf die Heimgesuchten, als in Bezug auf die durch das Unglück angeregte thatkräftige Theilnahme: dieses Alles soll zur bleibenden Erinnerung an das tief in das Wohl der hiesigen Bürgerschaft eingreifende Ereigniß dem jezigen sowie den kommenden Geschlechtern, der hiesigen Gemeinde, wie auch denen, deren Theilnahme sich uns so wohlthuend zugewendet hatte und noch zuwendet, im Zusammenhang vor Augen geführt werden und erhalten bleiben.

Ob die Absicht erreicht ist, mag die Erzählung selbst lehren; sollten vielleicht der Einzelnzüge manchem Leser zu viele sein, so möge er bedenken, daß sich aus Einzelzügen' das Bild des Ganzen gestalten muß, und daß dieselben solches Bild erst recht lebendig machen, wie auch, daß die rechte Mitte hier nicht leicht zu treffen ist; darum möge die Arbeit mit gütiger Nachsicht aufgenommen werden.

Allen Denen, welche so bereitwillig durch ihre Mittheilungen die Mittel dazu an die Hand gegeben haben, herzlichen Dank!

Wir lassen der Beschreibung unseres Brandunglücks Züge aus der früheren Geschichte unserer Stadt vorausgehen und übersichtliche Nachweisungen über die Verluste, die eingegangenen Gaben und deren Vertheilung nachfolgen.

An dieser Stelle erfolgt in dem Buch eine Beschreibung Neckarbischofsheims und eine längere Ausführung über die Geschichte der Stadt, die in die Artikel Stadtbeschreibung 1860 und Neckarbischofsheims Geschichte 1860 ausgelagert sind.

Der Brand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Novembernacht 1859 war eine sehr stürmische gewesen, am darauf folgenden Tage hatte die Heftigkeit des Windes etwas nachgelassen, doch nahm derselbe gegen Abend des 2. November wieder eine sturmähnliche Stärke an, und wehte aus Südwest bis West über das Städtchen hin. Die meisten Bewohner waren Abends 6 Uhr um das Nachtessen versammelt, schon hatten sich in manchen Häusern Nachbarn zum Abendbesuch eingefunden, Andere waren eben von auswärtigen Geschäften heimgekehrt. Da erschallt plötzlich ängstlicher Feuerruf, die Glocken vom Kirchthurm schlagen an und es beginnt ein hastiges Durcheinanderlaufen auf der Straße.

Feuer bei Johann Friedrich Schiefs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen Augenblick nachher weiß man, daß in Waisenrichter Johann Friedrich Schiefs Scheuer Feuer ausgebrochen ist, und zugleich sieht man aus der Gegend her die Helle, Flammen und Rauch steigen in Masse auf. Man eilt zur Brandstätte, die Sprißen werden herbeigeführt, die neue wird durch die Hauptstraße, die alte durch eine untere Gasse, um von beiden Seiten das Feuer anzugreifen, zum Brandplag gebracht. Wie schnell das aber auch geschieht, wie eilig auch die Bürger mit den Eimern, die Mädchen mit Kübeln bei der Hand find, bis man die große Sprize vor der brennenden Scheuer in Ordnung gebracht, und mit Wasser gefüllt hat, hat das Feuer, das Anfangs nur einige Reisbüschel auf einem kleinen Vorbau ergriffen und oben am Scheuerthor herausgeschlagen hatte, schon das das ganze Dachwerk erfaßt, und ehe noch ein Wasserstrahl das Gebäude benetzte, stand es schon in vollen Flammen. Die Familie Schiefs war eben mit den verschiedenen Theilen der letzten Stallarbeit zu Ende, ein krankes Pferd in der Scheuertenne war verbunden, und man war nun um den Abendtisch versammelt.

Das Schicksal der Familie Schiek[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaum 10 Minuten nachher hatte Schleihauf, der gegenüber wohnte, ein Geräusch, wie eines vorbeifahrenden Karrens gehört, da das Geräusch zunahm, war er aufmerksam geworden, hatte gesehen, wie durch schadhafte Riegelwände der Scheuer die Flamme an die Wellen lect: rufen, "Nachbar, eure Scheuer brennt! herunter rennen und durch die Straßen Feuer!" schreien, war bei ihm Eins gewesen. Auf den Ruf stäubt die Familie Schiek's auseinander, Sohn und Knecht eilen, Pferde und Rindvieh zu retten, der Vater mit einem Nachbar, das kranke Pferd herauszuschaffen, das Töchterchen läuft mit dem Spinnrad der Mutter davon, die Magd eilt auf ihre Kammer zu, und die Mutter mit dem Licht in die Nebenstube, die hart an die Scheuer stößt. Der Mann kehrt eilends dahin zurück. Aber der Qualm von der Scheuer herüber ist schon so stark, daß ihnen das Licht ausgeht; da ruft die Frau: "Ist denn Niemand da, der uns Licht bringt? Der Mann beruhigt sie: "Wenn unser Licht ausgeht, brennt Anderer Licht auch nicht. Also raffen sie Geld und wichtige Papière im Dunkeln zusammen, und in einem Kissenüberzug trägt die indessen zu Hülfe gekommene verheirathete Tochter, Philipp Junker's Frau, die Sachen in ihr am Berg gelegenes Haus. Dem Vater wird aber der Rauch so unerträglich, daß er aus dem Haus gehen muß; die Mutter dagegen eilt noch einmal in die Nebenstube, reißt einen Arm voll Kleider aus dem Schrank, und wirft ihn durchs Fenster; sie dringt zum dritten Mal hinein, rafft noch einige Leinwand auf, die sie gleichfalls zum Fenster hinaus wirft. Da wird auch ihr der Rauch unerträglich; sie wirft dann noch aus der Schlafkammer ein Bett durchs hintere Fenster in den Garten hinab, darauf verliert sie die volle Besinnung, daß sie nicht mehr weiß, was sie thut. Unterdessen hatte das Feuer stark um sich gegriffen, schon brannte die einzige zur Wohnung hinaufführende Stiege, die hart an die Scheuer stößt; dabei war das Getümmel von Menschen auf der Straße immer größer geworden, so daß man den Hülferuf des Mannes, der seine Frau noch oben wußte, kaum vernahm. An einem Wiesbaum, den man an ein Fenster lehnte, kletterten endlich zwei Männer hinauf, die Frau zu suchen, sie brachten sie fast bewußtlos hervor, und ließen sie auf einer Leiter hinab, unten nahmen sie zwei Verwandte in Empfang.

Bis die beiden Männer auch herabkamen, brannte schon dem Einen sein Wamms an. Unterdessen war die Tochter, Philipp Junkers Frau, zurückgekommen, hatte sich durch einen Gang neben der Stiege, der zwischen Scheuer und dem unter der Wohnung befindlichen Stall durch eine Hinterthüre in den Garten führt, noch durch gewagt, war hinten auf einer alten Wagenleiter durchs Fenster herein gestiegen, hatte aber in der Dunkelheit nichts sehen, und vor Rauch und Hitze nicht bleiben können; nur ein Sprung in den Garten zurück hatte sie noch gerettet. Auch die Magd, die ihre Habe hinten hinaus geworfen hatte, rettete sich durch einen Sprung. So verließ diese zuerst von dem Feuer überraschte Familie ihr Haus, das unmittelbar hernach von der anstoßenden Scheuer her in lichterlohe Flammen ausbrach. Hinten im Garten, in den sie auf Umwegen gelangt war, fand man später die Frau auf ihren Betten sigend, zerschlagen und betäubt, - sie wollte von da nicht mehr weg. Mit Mühe brachte man sie außen durch die Gärten zu Verwandten. Die Pferde fand man am andern Morgen an einem Wagen im Vorderstädtchen angebunden, das Rindvich in verschiedenen Ställen; eine Kuh hatte man laufen lassen müssen, die bis Waibstadt kam, und 8 Tage später in der Pulvermühle gefunden wurde; einen halben Tag brachte der Mann nach dem Brande damit zu, das nach allen Winden zerstreute Vieh zusammen zu suchen. Die Schweinställe waren im hintersten Winkel des Raumes unter dem Hause angebracht, und zu ihnen zu gelangen nicht mehr möglich; doch sind die Schweine wahrscheinlich im Rauch erstickt, ehe sie verbrannten. Später kehrte Schiek zur Stätte seines brennenden Hauses zurück; da stand er schweigend, und sah zu, wie das Haus mit allen seinen Vorräthen in einen Aschenhaufen zusammen sank.

Das Feuer greift um sich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei dem während des Brandes, wie es schien, heftiger werdenden Winde, und da hinter der ganzen Häuserreihe aufwärts eine eng zusammengebaute Reihe angefüllter Scheuern stand, griff das Feuer, in das der Wind von hinten her wie in eine Esse blies, mit Blizesschnelle um sich, eine Scheuer nach der andern ward ein Raub des Elementes. Das von unten her anstoßende Haus des Gustav Schüß hatte man anfangs einreißen wollen, man unterließ es jedoch, in der Hoffnung, das Wasser der Sprizen könne Einhalt thun, dessen Herbeischaffung man durch Reihen von Ferdinand Hauks Hof an dem unteren Ende des Mühlbaches aus, eifrig betrieb; aber die alte Sprize, die vor Schüßens Haus stand, hatte nicht die erforderliche Kraft, der Wind trieb alles Wasser auf die Arbeitenden zurück, und als man auf Betreiben des Werkmeisters Luz dann doch das Haus des Schütz niederreißen wollte, konnten die Zimmerleute sich vor Rauch und Hiße nicht mehr darin halten.

So gerieth auch an Schüßens Haus Sparren auf Sparren in Brand, aus einer Fensteröffnung nach der andern schlugen die Flammen schauerlich; Feuerhaken, mit denen man Schieks und Schüßens Häufer einreißen wollte, verbrannten durch die Gluth, und die Eisen sprangen ab, so daß man von Helmstadt, Waibstadt, Flinsbach andere kommen lassen mußte; erst als man, noch ehe das Haus des Balthasar Schüß auch in Brand gerathen war, einen Zwischenbau, zwischen dessen Haus und Scheuer, der mit Heu, Frucht und Holz angefüllt war, ausleerte, und die Zimmerleute den Dachstuhl und das obere Gebälke abtrugen, zeigte sich die Bemühung, dem Feuer von unten her eine Grenze zu setzen, von einigem Erfolg, zumal der Wind sich bald mehr aufwärts wandte und rein aus Westen blies. Doch währte an diesem unteren Ende der Kampf mit dem Elemente noch durch die ganze Nacht, und erforderte alle Anstrengung hier die Grenze zu einer bleibenden zu machen.

Verlust von Hab und Gut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch Gustav Schütz hatte in größter Eile, was noch möglich war, von seiner Habe flüchten müssen, auch ihm ging auf seinem Speicher von dem aus Schieks Haus herüberdringenden Rauche dessen Speicher voll Tabak hing die Laterne aus; in seiner Kammer räumte er noch aus, als schon deren Riegelwand einfiel; sein alter Vater trug in der Bestürzung ein Gefäß mit Silbermünzen fort, während ein Schränklein, in dem 400 fl. Papiergeld, ein Nothpfennig fürs Alter lagen, verschlossen blieb, bis er zurückkam, waren sie nicht mehr zu retten. Auch Balthasar Schüß hatte zum Ausräumen nur wenig Zeit, sein Haus stand schon um 7 Uhr in Flammen; bis er seine jammernden Kinder in Sicherheit gebracht hatte, war nicht mehr viel sonst zu thun; sein Vieh führten ihm Andere fort. Beide Häuser waren übrigens von hinten längst niedergebrannt, als die vorderen Wände noch standen, denn da die hiesige alte Sprite unbrauchbar geworden war, brachte man die Waibstadter Sprize an die Stelle, welche kräftig arbeitete und von Vornen das Feuer in Schranken hielt.

Übermacht der Flammen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während dieses am untern Ende geschah, hatte sich oben Vieles verändert; wir kehren zur neuen, großen Spritze vor Schieks Scheuer zurück. Diese hielt unter der Leitung des Spritzenmeisters Haase und da man aus dem hinteren Brunnen, sowie von der Mühlbrücke her fleißig Wasser zutrug, eine kurze Zeit das Feuer von vornen in Schranken; die Ausbreitung über die Scheuern hinter den Häusern konnte sie dagegen nicht verhindern. Bald schlug die Flamme in Heiligenrechner Wagners Scheuer, von da in die des Philipp Schmitt und Megger Dettinger; dabei trieb der Wind Rauch und Flamme so mächtig gegen die Löschenden, daß diese im dichtesten Rauch sich kaum halten konnten; Flammen lösten sich los und wurden über die Köpfe der in der Gasse befindlichen Menschen weg an die gegenüber liegenden Dächer getragen; die Hitze wurde so stark, daß die an der Spritze Pumpenden nur noch auf der dem Feuer abgewandten Seite stehen konnten, ja der Spritzenmeister selbst mußte sich öfter benetzen, nur um die Hitze ertragen zu können.

Man hatte einen Schlauch angeschraubt, um zugleich die gegenüberstehenden Scheuern des Seiler Geyer und Nagelschmied Maier zu schützen, aber für beide Röhren war die Wassermenge zu gering, denn der Brunnen war bald ausgeschöpft, und der Weg zur Mühlbrücke zu weit, so daß man Schlauch und Standrohr nur abwechselnd anwenden konnte. Oberamtmann Beniz versuchte wohl eine Reihe nach der Mühlbrücke bilden zu lassen, Rath Hormuth Gendarm Neidhart, auch Polizeidiener Schergeß, gaben sich viele Mühe, eine solche herzustellen, aber der Wind trieb den Rauch mit Macht in die Hauptstraße, so daß ganz Nacht wurde, und man fast erstickte; dann fiel ein Kohlenregen, Schlossen gleich in der Größe von Baumnüssen, prasselnd auf die nahen Dächer, und ergoß sich über die Straße; die schon gebildete Reihe konnte sich nicht zusammen halten, ja Oberamtmann Benitz selbst mußte den Platz verlaffen, und begab sich an das untere Ende der Brandstätte. So kam's, daß trotz aller Bemühung die dem Schiekschen Hause gegenüber stehende Scheuer Seiler Geyers sich entzündete.

Wie einen Blitz sah man einen Feuerstrahl sich am Gebälke des Giebels hinaufschlängeln, und im Augenblick stand die Scheuer in Flammen. Noch suchte man die Scheuer Maiers zu schützen, aber gleichfalls vergeblich. Die Männer, unter denen der zweite Spritzenmeister Sausele, welche in dem Hof zwischen Gehers und Maiers Scheuer den Schlauch, hielten, wichen erst, als die Hitze ihre Kleider zu entzünden anfing, und dem Sprißenmeister Bart und Haupthaare versengt wurden. So nahm dann das Feuer eine immer gewaltigere Ausdehnung an, unaufhaltsam ergriff es die Häuser Wagners und Schmitts, schlug hinten über den Hof des Karl Ries und zündete dessen Haus an. Die haushohen Flammen, vom heftigen Wind gebeugt, legten sich über das Dach des hohen Hördtleschen Hauses (von dem ein Theil der Wittwe Grattolf gehörte) hinüber; von allen Seiten flogen Ziegel herab und die Spritze mußte sich, weil sie vom Feuer überflügelt war, und auch in ihrem Rücken die Gebäude brannten, aus der Seitengasse, in der sie noch immer stand, in die Hauptstraße hinaufziehen. Ohne Widerstand wurden nun die Häuser und Scheuern bis an das Schafhaus ein Raub der Flammen, und in das Innere der dicht aneinander gefügten Scheuern und Häuser Maiers, Schullehrer Reuthers und Seiler Geyers wühlten sie sich immer tiefer hinein; von Seiler Gehers Scheuer aus ward nach aufwärts Maiers Scheuer und Haus, weiter einwärts das Haus der Handel Kahn und nach abwärts über ein enges Gäßchen hinüber das Haus des Schleihauf angezündet.

Unterstützung aus Waibstadt und Sinsheim[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wohl versuchte die bald nach der Waibstadter angekommene Helmstadter Sprizenmannschaft in das Gäßchen, das unter der Hauptstraße zunächst mit ihr parallel läuft, ven der Mühle her mit ihrer Sprize einzubringen, um Seiler Geyers Scheuer von unten anzugreifen, und das Haus der Handel Kahn und des Schleihauf zu schützen; aber bei Mangel an Wasser reichte der aus Gruben geschöpfte Pfuhl nicht weit, zudem hatte diese Sprite das Unglück, daß sogleich nach den ersten Zügen die Druckstange brach. Auch die unterdessen angekommene Sinsheimer Sprize wurde au diese Stelle geführt; aber bei dem empfindlichen Wassermangel, da in jenen Winkel Wasser kaum zu bringen war, und bei dem engen Raum konnte auch diese Sprite ihre Kraft nicht entfalten, dazu ward die Hitze unerträglich. Die Kraft der Menschen war gegen das Element zu schwach, das, vom benachbarten Speicher des alten Ritter aus gesehen, in mächtigen Wirbeln von Rauch und Flammen sich weiter und weiter gegen Osten gegen die Häuser Piots und Schlegels und gegen den alten Ritter (das Haus der Gangnus Wittwe) zu herwälzte.

Die hiesige Spritze hatte sich unterdessen oben auf der Hauptstraße bis vor Seiler Geyers Haus zurückgezogen, konnte aber trotz aller Anstrengung höchstens dem schnelleren Vordringen des Feuers an der Vorderseite der Häuser längs der Straße wehren, dagegen nicht verhindern, daß ein Haus nach dem andern von hinten angegriffen wurde.

Flucht aus den Flammen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der ersten Stunde, da das Feuer so gewaltig um sich griff, war die Verwirrung der Flüchtenden aus den um den hinteren Brunnen herum gelegenen Häusern groß; in Eile schaffte man heraus, was man konnte; die Mütter trugen ihre weinenden Kinder fort, die Männer zerrten das brüllende Vieh aus den Ställen, die Schweine an Ohren und Hinterbeinen fortgeschleift, rissen sich doch manchmal los und stürzten in ihre brennenden Ställe zurück. Heis ligenrechner Wagners Haus ward eiligst geräumt, und seine Habe in Haus und Keller seines Schwiegersohnes, des Philipp Schäfer, gebracht; während Philipp Schmitt sich mit Flüchten seines Viehes und seiner Schweine verweilte, gab dessen Frau den Hülfeleistenden Bettwerk und Kleidung, davon Vieles gegen ihren Willen an den Berg gegen den hohen Thurm zu, statt an die Steige gebracht wurde; seine Kinder waren barfuß zu Verwandten in die Vorstadt gelaufen. Megger Dettinger riß seine Schweinställe auf; die Schweine herauszuschaffen nahm er sich die Zeit nicht, von selbst aber gingen sie nicht; dann raffte er Geld, das zur Zahlung für erkauftes Schlachtvieh bestimmt war, zusammen und trugs zu Verwandten; bis das aber dort in sichere Verwahrung gebracht und er zurückgekehrt war, war der Zugang zu den Ställen nicht mehr möglich.

Tod in den Flammen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Schwein rannte zulezt noch fast verbrannt aus dem Stall und stürzte vor der Hausthüre zusammen. Sein Hund war zuerst vom Lehrjungen in eine Scheuer am Berg eingesperrt worden, von dort wieder herausgelassen, sah man ihn später vor seines Herrn brennen. dem Hause; beim Abräumen fand man einige Tage nachher die verbrannten Ueberreste in einem Keller, nur der Kopf war unversehrt in die Erde gewühlt. Philipp Straßer im Hördtle'schen (Grattols'schen) Haus trug seinen kranken Knaben im Hemd in ein Haus an der Steige, sein krankes Mädchen wurde in ein Beintuch gewickelt, das unterwegs verloren ging, in ein ander Haus gebracht; andere hastig aus den verschiedenen Räumen dieses selben Hauses über die halb verfallene finstre Wendeltreppe herabflüchtende Personen stürzten übereinander; Straßer selbst drang noch einmal fast bewußtlos ver Bestürzung in das schon brennende Haus, aus dem ihn Gendarm Neidhart mit Mühe wieder herausbrachte; auch eine Hecke von 30 Canarienvögeln war nicht mehr zu retten; seinen Hund fand man in Moses Wolfs Keller neben einem Iltis todt. Dann ging Straßer stundenlang betäubt umher und suchte seinen Sohn, der auswärts gewesen, erst als der Brand schon in völligem Ausbruch war, zurückgekommen, nicht mehr zu seines Vaters Wohnung vordringen konnte; unter der Mühle hatte er die halbe Nacht Wasser schöpfen müssen, bis ihn endlich sein Vater im Nathhaus fand, wo er seine nassen Kleider trocknete. Aus der Dienstbotenkrankenanstalt, die sich im nämlichen Hause befand, konnte kaum noch ein Stück Bett gerettet werden; Amtsartzt Moppen drang noch ein, aber konnte die Thürfallen nicht mehr in der Hand halten, so heiß waren sie; in dem erstickenden Rauche war ein Verweilen unmöglich, der Weißzeugschrank mußte uneröffnet stehen bleiben. Im Hof des Karl Rieß flatterten Gänse umher und verbrannten in freier Luft; kein Mensch konnte mehr in den glühend heißen Winkel dringen, sie zu retten; Straßers Mutterschwein mit Jungen hatte man aus dem Stall gebracht, aber es entriß sich wieder; am andern Tage fand man es vor Rieß's Hausstaffel verbrannt. Karl Rieß hatte sich, nachdem seine Familie einige Kleider und Bettung, und er sein Vieh gerettet hatte, wobei auch er sich mit den Schweinen am meißten aufhielt, noch einmal in sein Haus begeben und darin zu lange verweilt, er mußte sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten und fiel über Schäfer Ulrich's Gartenhag auf den Boden hinab.

Nicht anders erging es den andern nächsten Nachbarn des Ausbruchs. Nagelschmied Maier war so bestürzt, daß er aus seiner Kommode nichts Wichtigeres herauszunehmen wußte, als Nägel, die er an den Berg trug, wo sie hernach doch in einen Klumpen zusammenschmolzen, und erst durch Fremde ward er an seine Papiere und andere wichtigere Dinge erinnert. Sein Hund, der ihm den Blasbalg trieb, war einem Mann auf der Steige übergeben worden, dem aber entlaufen und in den Radkasten zurückgekehrt; in dem Radkasten lief er seinen gewohnten Lauf, bis er mit ihm verbrannte; den Blasbalg retteten noch einige Männer. Seiler Geher war in Geschäften über Land; als der Brand stärker wird, tragen Gesellen und Magd Wasser aus den Speicher, die gefährlichen Funken zu tödten; darüber versäumen sie die Zeit; als mit einem Mal Geyers Scheuer selbst im Brand steht, trägt die Frau im Schrecken die Kinder in ein Haus am Berg, schließt die Hausthüre, so daß Niemand hinein noch heraus kommen kann; bis sie zurückkommt, ist wenig Zeit mehr; das Geldschränkchen wird noch erbrochen und sein Inhalt gesichert, Hanf wird noch auf den gegenüberliegenden Hof Jakobson's gebracht, wo er hernach doch verbrannte; zuletzt wird. aber die Hitze so stark, daß Pechfackeln dem, der sie forttragen will, sich im Rücken entzünden, und Hauswaaren weggeworfen werden müssen, weil sie auf der Schulter des Trägers in Flammen gerathen.

Panik der Betroffenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geher war in Reichartshausen gewesen, auf dem Heimweg sieht er den Brand und erkennt seinen Wohnort; da fängt er an zu rennen bis hierher, wo er athemlos und außer sich ankommt; er stürzt sich in sein schon brennendes Haus, aus dem ihn Freunde mit Mühe herausbringen; noch einmal will er eindringen, daran man ihn mit aller Gewalt verhindern muß; erst dann wird er ruhiger, als er erfährt, daß Frau und Kinder gerettet sind und man ihn zu ihnen bringt.

Bei Piot liegt dessen Schwiegermutter krank, Piot selbst hilft löschen, seine Frau trägt ihre Kinder zu Adam Geher an den Berg; wie die Kranke, allein in ihrer Kammer, von ihrem Fenster aus das Feuer näher kommen sieht, überfällt sie eine Angst, sie schreit um Hülfe, bis ihr Sohn Philipp sie mit einem dünnen Unterrock bekleidet, auf dem Arm in ihr an der Steige gelegenes Haus trägt. Ihre Fahrnißstücke tragen Piot's meist in einen Keller, der unter ihrer am Berg stehenden Scheuer liegt. Eine seiner Kühe wird an die Steige gebracht, mit der andern und einer Geis kann er schon nicht mehr durch das hintere Thor; da führt er sie weit weg, in Georg Dettingers Stall, in dieser Entfernung hält er sie für gesichert. Auch die alte Ambacher Wittib, deren Bündel Frau Rath Hormuth in Adam Geher's Haus am Berg trägt, flüchtet aus Nagelschmied Maiers Haus dahin, trotzdem man sie gemahnt hatte, aus dem Städtchen zu gehen. Alle diese Leute brachten unglücklicherweise das Meiste ihrer Habe an den Berg, in der Meinung, dort sei es geborgen.

So auch hat Philipp Herbold's Frau anfangs mehrere Bündel dahin getragen, während der Mann mit Mühe sein Vieh flüchtete und das kleinere ihrer Kinder ohne Schuhe davon lief. Es hatte dieser Frau kurze Zeit vorher so lebhaft vom Brennen geträumt, so daß sie darüber erwachte, und in der Angst, es brenne wirklich, den Mann weckte, der Mühe hatte, ihr die Sache auszureden. Sie will den Brand im Traum an der Stelle gesehen haben, wo er hernach wirklich ausbrach. — Auch Komisches kam vor. Ein Mann, der ganz in der Nähe des Ausbruchs wohnte, und eben mit den Seinen am Abendtisch saß, faßte in der ersten Bestürzung das Tischtuch an allen vier Zipfeln und warf es mit Suppe und Tellern und Allem, was darauf war, die Treppe hinab. Einem Andern schlug der Schrecken in den Magen, da lief er bis in die Sägmühle und lag dort die ganze Nacht Frank an Angst und Leibweh.

Schadensbegrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die Ausdehnung des Feuerheerdes bis an das hintere Thor gerieth das Schafhaus in ernste Gefahr. Sogleich beim Ausbruch des Brandes hatte Schäfer Ulrich das Rosenbächlein gedämmt, sodann auf Wagen seine Fahrnisse nach dem Zimmerplag hinausgeführt, dann ließ er, als die Gefahr drohender wurde, innen in Scheuer und Haus Dachsparren und Frucht benetzen und hereinfallende Funken löschen. Aber die Hitze von den nahen in vollen Flammen brennenden Scheuern her wurde so groß, daß in dem engen zwischenliegenden Winkel die Hundshütte in Flammen gerieth und das längs des Daches befestigte Wetterbrett zu brennen aufing. Die Adersbacher waren mit ihrer Handspritze wohl zur Stelle, aber durch die ganze Länge des bedrohten Daches reichte deren Kraft nicht, und schon fing auch die Bretterverschalung eines kleinen Anbaues Feuer; da kam zu rechter Zeit, auf den Rath des Gendarmen Neidhart durch einen Knecht Ullrichs hinter der Stadt herum über das Feld geführt, die Spritze von Bargen. Mit aller Kraft hielten nun die Bargener von oben, die Adersbacher, zu de= nen sich später noch die Hasselbacher, Grombacher und Kirchardter gesellten, von unten her, die ganze Länge des Schafhauses gegen das Feuer zu feucht, auch die Sprize von Ehrstädt, die noch später dazu kam, unterstüßte die Bargener; zugleich dämpfte man die brennenden Gebäude von hinten her, schob deren Gebälke, nachdem es halb verbrannt war, in die Gluth hinein, und rettete so das große Haus, über dessen durchlöchertes Dach sich mehr als einmal die hohen Flammen hinübergelegt hatten. Als man später die Gerste zum Dreschen vom Gebälke herabwarf, fielen noch getödtete Kohlen, wie Baumnüsse groß, aus den Garben. Auch die in dem Schafhaus befindliche Kinderschule war damit gerettet, die nach dem Brande für die vielen obdachlos gewordenen Kinder doppelt wohlthätig ward. Doch währte die Löscharbeit dort bis nach Mitternacht.

Als beim Schafhaus die größte Gefahr vorüber war, zogen sich die Adersbacher längs der Stadtmauer abwärts, retteten dort einen hinter der Mauer stehenden mit Holz und Stroh besetzten Anbau Wagners, in welchem brennende Holzstücke eben im Begriff waren, das Stroh zu entzünden. Wagner hatte den Anbau verloren geglaubt; als er nach Mitternacht einen Gang um die Stadtmauer machte, fand er ihn wunderbar erhalten. Die Ehrstädter bahnten sich später durch die mit brennenden Balken überdeckte Straße einen Weg ins Innere der Brandstätte, und halfen vom hinteren Brunnen aus abwärts die Gluth dämpfen, trugen auch zur Rettung des Hoßischen Hauses mit bei.

Im Inneren der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wir kehren nach dieser Abschweifung zur Brandstätte im Innern des Städtchens zurück, die wir zwischen 7 und ½8 Uhr verLassen hatten. Noch war die Löscharbeit im Innern auf das, was die hiesige Sprize in der Hauptstraße, und die Waibstadter neue Spritze bei Balth. Schüßens Haus zu leisten vermochte, und die Versuche der Helmstatter und Sinsheimer, gegen Seiler Geyers Scheuer anzudringen, beschränkt; in allen umliegenden Häusern und den nahen Gäßchen und Winkeln war das Gewirre der Flüchtenden groß, die Vieles nach unten hin gegen die Mühle und den Marktplatz zu, Vieles aber auch gegen den Berg flüchteten, je nachdem sich Gelegenheit darbot; schon auch würde Vieles weiter hin nach dem Vorderstädtchen gebracht. — Da schlug die Flamme aus dem Thor von Becherers und Grattolfs Scheuer über die Straße gegen die Häuser Seiler Bärmanns und des Friedrich Kahan und wehrte den Flüchtenden den Weg durchs hintere Thor; der noch immer mit gleicher Heftigkeit wehende Wind trieb aus den brennenden Scheuern und den Häusern Schiek's bis herauf zu dem Grattolf'schen Haus, dessen Balkenwerk zugleich von oben und von unten her in helle Flammen ausgebrochen war, ganze Feuergarben über die gegenüberstehenden Dächer, und weiterhin einen Funkenregen über die gegen den Berg zu in seinem Wege gelegnen Scheuern; wie Schneeflocken fuhr das Feuer in der Luft und auf der Straße umher, und drang durch jede Lucke, die die Ziegeldächer offen ließen, in die Gebäude; es ward fast unmöglich sich noch in der Hauptstraße zu halten, und die Bewohner des Berges wurden bedenklicher.

Das Feuer erfasst den "Berg"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da fuhr mit einem Mal ein Feuerbrand in den Giebel von Löb Jakobson's und Alt-Ritterwirth Gangnuß Scheuer, und zündete im Innern; fast zu gleicher Zeit sah man, wie Feuerbrände in den Giebel und auf das hochstehende Hohlziegeldach der Scheuer Heinrich Brenners fuhren und das statt des weggefallenen Mörtels zwischen die Ziegel gesteckte Stroh entzündeten; eine Sekunde lang flogen die Flocken auf dem Dach hin und wieder, überall blaue Flämmchen zurücklassend, dann war es in schwarzen dicken Rauch gehüllt, als plötzlich aus allen Fugen Flammen schlugen, und lichterloh brennend der Dachstuhl dastand, während die Ziegel prasselnd herabfielen und die Sparren krachten. Die von dem hoch auflodernden Feuer hell beleuchtete Kirchenuhr zeigte halb acht. Um dieselbe Zeit ungefähr warb auch die hochstehende Scheuer des Moses Wolf durch einen herüberfliegenden Feuerbrand entzündet; auch fuhr kurz nachher ein Brand in den offenen Heuboden des Jakob Schief. Eine Viertelstunde später waren an drei verschiedenen Punkten des Berges große Feuerstätten entstanden, die sich rings umher ausbreiteten, eine halbe Stunde später schlugen die Flammen von allen Seiten zusammen, und der ganze Berg war ein Feuermeer.

Jakobsons Scheuer zündete Jakob Schieks Scheuer an, von dieser verbreitete sich das Feuer mit großer Schnelligkeit über die anstoßenden Scheuern des Christian Röder, hinauf zu Piots und Philipp Herbolds, Philipp Metgers, Junkers und Balthafar Schäfers Scheuer; nach links und rechts waren die an beiden zum Thurm führenden Gäßchen liegenden Häuser in Kurzem in den Feuerheerd hineingezogen; von Jakob Schiefs Scheuer verbreitete sich die Flamme zugleich über dessen Haus, und von Schieks Heuboden ward das Haus des Balthasar Schäfer entzündet. Am hinteren Thor waren die Häuser Kahans, Seiler Bärmanns und Schlosser Hauks durch die Gluth der gegenüberstehenden Scheuern und des Hauses Grattolfs in Brand gerathen; eben so schlug die Flamme in die Häuser Johann Grattelfs, Schranks und Jakobsons. Die Scheuer des Moses Wolf zündete dessen Haus, in welchem 80 Malter Reps aufgeschüttet lagen und die rechts vom hinteren Thürmgäßchen gelegenen Häuser an. Gleicherweise lief von Heinrich Brenners Scheuer aus das Feuer aufwärts mit rasender Schnelligkeit durch die anstoßende Scheuer und Haus des Adam Schütz, so daß in Kurzem Philipp Schäfers Haus, wenn es auch selbst nicht so schnell in Brand gerieth, durch die von rechts und links zusammenschlagenden Flammen unzugänglich ward.

Zugleich von Brenners Scheuer abwärts wurde dessen durch einen, eine Halle bildenden, Ueberbau damit verbundenes Wohnhaus, und dann auf beiden Seiten des engen Gäßchens bis nach hinten sich eng anschließenden Häuser und Scheuern Johann Bräumers, Wilhelm Müllers und Georg Dettingers angegriffen. Himmelhoch stiegen die Flammen und Rauchsäulen und die brennenden Strohwische; wirbelnd fuhren brennende Holzstücke über das Flammenmeer hin in großen Bogen; mit einemmal stieg, wenn verschlossene Räume durch Einsturz des Gebälkes platzten, ein Strom von Raketen aus dem wogenden Feuermeer in die Luft mit einem dumpfen Knall, gleich einer Pulverexplosion; dann bildete sich mitten in der Feuerstätte eine Windsbraut, und wirbelte Flammen und Rauch und brennende Massen über die Gluth hin; und hoch oben über diesem grausigen Feuerschlund schwebten hell beleuchtete Tauben, ihn wie einen Strubel umfreisend, bis sie zuletzt ihr Grab in ihm fanden. Das Prasseln der Flammen, das Krachen der Balken übertönte das Geheul der Thiere und Rufen der Menschen.

Von Weitem sichtbar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schauerlich schön stellte sich dieses Bild aus der Umgegend dar. Leute, die schon sehr frühe vom Helmhof her der Brandstätte zueilten, sahen zwei Feuersäulen aufsteigen, dicker Rauch wirbelte, mit Flammen untermischt, in die Höhe, und feurige Funken fielen rings um sie aus der Luft herab. Auf der Höhe zwischen Helmhof und Flinsbach sahen die dort Stehenden brennende Strohwische neben sich niederfallen; das ganze dort ausgebreitete Feld war am andern Tag mit verkohltem Stroh und Asche wie mit Puder bedeckt. Ja, auf der Höhe von Kälbertshausen sollen angebrannte Strohwische gefunden worden sein. In Bargen hatte man Brandgeruch gehabt, noch ehe man das Feuer sah. Leute, die von dort und von Flinsbach her zu Hülfe kamen, sahen auf der Höhe, von welcher aus Bischofsheim sichtbar ist, ein breites Flammenmeer, aus dem dicke Rauchsäulen, vom Sturm gejagt, aufstiegen; Funken flogen, vom Winde getragen, hoch durch die Lüfte; näher gekommen tönte ihnen ein gräßliches Getöse von der Stadt her entgegen, brüllendes Vich, schreiende Gänse, rasselnde Wagen, Jammern und Klagen bedrängter Menschen, Schreien und Rufen geschäftiger Männer bunt durcheinander. Personen, die auf der Hochebene bei Adersbach standen, sahen sich von den mächtigen Feuersäulen eigenthümlich beleuchtet, es schien, als ob ganz Bischofsheim vom ersten bis zum letzten Haus in Flammen stehe, ja bis nach Adersbach hinein leuchtete die Helle. Die von dorther der Brandstätte zueilten, erhielten von dem Anblick, der sich ihnen darbot einen grauenhaften Eindruck: Die Kirche und die hinter derselben liegenden Häuser vom Feuer beleuchtet, was vor der Kirche lag, schien Alles zerstört. Zwischen dem Geprassel der Flammen, dem Krachen der Balken, dem Geschrei der arbeitenden Menschen hörte man von Viertelstunde zu Biertelstunde das geisterhafte Schlagen der Uhr, deren baldiger Untergang gewiß schien. Als die Spritzenmannschaft von Kirchardt, welche durch ein in Ehrstädt verbreitetes falsches Gerücht, daß der Brand bei Mosbach wäre, beinahe zur Umkehr wäre verleitet worden, hinter Adersbach von der Höhe aus dieses Schauspiel sah, ergriff es sie so gewaltig, daß sie, obwohl müde vom weiten Weg, in rasender Eile den Berg hinabjagten zur Hülfe; während Andere, die von Helmstadt, Aglasterhausen, Daudenzell her auf der Höhe der Helmstadter Steige in das zu ihren Füßen wogende Flammenmeer hinabblickten, und das wirre Geschrei der Menschen und Thiere aus der Tiefe herauf vernahmen, einen Augenblick betreten wurden, - sie glaubten ein Bild von Sodom's Untergang vor sich zu haben, es überfiel sie ein Schauder, daß sie sich erst sammeln und ermuntern mußten, in das Gewühl hinabzugehen, ob noch Etwas zu retten sei. Von der Anhöhe zunächst hinter dem Amthaus und dem Amthaus selbst war der Wellenschlag des Feuers über die noch zwischen durch sichtbaren Dächer hin schauerlich anzusehen; wer in der nächsten Nähe auf der Mühlbrücke stand, dem kam der hohe Thurm vor als in weiter Entfernung bald schienen die Flammen um ihn herum zusammenzuschlagen, daß man jeden Augenblick glaubte, er müsse auch in Brand gerathen, dann war er in Rauch und Qualm verhüllt; aber bald drückte der Sturm den Qualm nieder, und hoch und hell beleuchtet stand er wieder da; von der Mauer beim hohen Thurm aus aber schien die Brandstätte sich ins Unendliche auszudehnen, und hinter ihr nichts als schwarze Finsterniß.

Hilfe aus Heilbronn und Bruchsal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weithin war der Widerschein der vom Feuer beleuchteten Wolken sichtbar, und überall glaubte man den Brand in der Nähe. In Heilbronn und in Bruchsal war man zur Abfahrt gerüstet, und wartete mit Ungeduld auf die Nachricht vom Orte des Brandes; auf Höhen bei Bretten, wie in der Neckarebene bei Eppelheim sah man den Schein; von Heidelberg und Mosbach aus bot man Hülfe an; Oberamtmann Orff von Mosbach traf am andern Tage hier selbst ein, und erkundigte sich über die allernächst nöthigste Unterstützung für die Brandverunglückten, die auch nicht auf sich warten ließ. Der Oberamtmann von Brackenheim war zur Abfahrt bereit, in der Meinung, die Brandstätte sei innerhalb seines Amtsbezirks. Von den Höhen hinter Mosbach, sogar bei Cannstatt war man auf die Helle aufmerksam geworden.

Freilassung von Gefangenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als das Feuer auf die oben beschriebene Weise mit einem Mal längs des ganzen Berges von der Hauptstraße und dem oberen Theil des Mühlbaches aus, bis hinauf zu der oben auf dem Rande des Hügels hinlaufenden Stadtmauer Alles ergriff, erreichte die Verwirrung den höchsten Grad. Noch vermehrt wurde für die Bergbewohner das Grauenhafte des ersten Schreckens durch das gräßliche Hülfegeschrei, das zwei Gefangene vom hohen Thurm herab ausstießen, als der Wind so plötzlich Flammen und Rauch gegen den Thurm trieb, bis sie der Gefangenwärter in Folge der Aufmerksamkeit des Amtsvorstandes erlösen konnte. (Später sah man, wie die Beiden eifrig an einer Spritzenpumpe halfen.) Wie nun Menschen und Thiere durcheinander flüchteten, ist nicht zu beschreiben. In Kurzem konnten die Bewohner des Berges wegen der fallenden Ziegel, der fliegenden Feuerbrände, der herabstürzenden Balken sich nicht mehr auf die Hauptstraße wagen, und flüchteten, was sie noch schnell erraffen konnten, gegen den Thurm hin; Viele auch hatten an der unteren Brandstätte löschen helfen, und erfuhren erst von der Ausdehnung des Brandes, als ihre Häuser schon in Flammen standen. Nun ergoß sich durch die Hauptstraße des Vorderstädtchens, und noch weiter hinaus, ein Strom von Flüchtenden; lange Reihen von Menschen trugen Bündel aller Art dahin, zwischen hindurch führte man Rindvieh, schob man Wagen, schleifte und zerrte man Schweine, eilig lief Jeder, nachdem er sich seiner Last entledigt, durch die in hastiger Bewegung befindliche Menge zur Brandstätte zurück; zwischen hindurch rasselten die von nah und fern herbeigeeilten Spritzen. Eine Bewegung, die in dieser großen Ausdehnung bis nach Mitternacht fortwährte, da die Angst die Bewohner einer Gasse nach der andern ergriff, und zum Ausräumen trieb, und fast sämmtliche Häuser des Städtchens, bis gegen die vordere Thorbrücke ausgeleert wurden.

Lautlose Stille[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eigenthümlich stach gegen das furchtbare Getöse in der ersten Bestürzung die lautlose Stille ab, mit der in den späteren Nachtstunden Jeder seinen Weg ging, und die Abgestumpftheit, die sich allmälig der Meisten bemächtigte, daß sie die schrecklichsten Nachrichten in jener Nacht dumpf hinnahmen als wären sie Nichts. Da war denn der Platz vor der Kirche bald voll von beladenen Wagen, Kisten, Betten und dem verschiedensten Hausrath; die Kirche war geöffnet worden, angefüllt von geflüchteten Gegenständen; die Höfe des Pächter Zeit, des Ritterwirth Schiek, des Dreikönigwirth und Hirschwirth, ebenso des Philipp Lepp Hof, und der Hof des Dacanatshauses waren voll unangebunden umherlaufender Thiere der verschiedensten Art; viele auch trieben sich ledig im freien Feld herum; auf beiden Seiten des Amthauses und weiter hinaus an den Häusern hin lagen Haufen von Päcken, stand Wagen an Wagen; kein Haus war mehr auf der Steige und vorne von der Thorbrücke an, in welchem nicht Menschen und Habe, so viel nur Raum war, hätten Unterkommen gesucht; es war aber auch kein Haus, das nicht bereitwillig geöffnet worden wäre.

Riesengroße Hilfsbereitschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele haben baarfuß und im Hemde umherirrende Kinder von der Straße aufgelesen und zu sich genommen. Einzelne Häuser waren vollgepfröpft von Kindern, die nach ihren Eltern jammerten, in steter Furcht, das Feuer werde auch daher noch kommen. Nur diese eine Arbeit, fast alle Häuser des Städtchens in einer halben Nacht auszuleeren, wäre für sich allein schon der Bewunderung werth; aber die Angst kann Außerordentliches leisten, und wer von den Tausenden aus allen Nachbarorten ringsumher nicht zum Löschen Raum, aber irgend einen Bekannten oder Freund hier hatte, auch ohne persönliche Bekanntschaft, der half. Den vielen freundlichen und willigen Helfern, die oft Niemand kannte, und die doch getreulich alles Anvertraute wieder ablieferten, sei hier ein öffentlicher Dank gesagt!

Einzelschicksale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kayan beim hinteren Tor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Des Einzelnen, was jeder der Abgebrannten in diesen Angststunden erlebt und erlitten hat, ist zuviel, als daß wir es Alles erzählen könnten, doch möge man uns erlauben, von Jedem Etwas mitzutheilen. Beginnen wir mit Kayan beim hinteren Thor. Als dieser bemerkte, daß sein Haus in Gefahr sei, konnte er schon kaum mehr auf die Straße kommen, er mußte eine durch die Stadtmauer führende Thüre einschlagen, um sich einen Ausgang zu verschaffen.

Polizeidiener Maier[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie Polizeidiener Maier, als er das Feuer seinem Haus sich nähern fieht, dahin eilt, trifft er seine Frau, die betäubt vor Schrecken das dreijährige Büblein in der von Rauch erfüllten Stube hin und her trägt, das weint und immer fort will, bis die Schwiegermutter kommt und zur That treibt.

Seiler Bärmann[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seiler Bärmann hat in Epfenbach gearbeitet, als er das Feuer sieht, eilt er nach Hause, und gerade geht er hinter dem Schloßgarten hin, als man ihm sein so eben in Brand gerathenes Haus zeigt; durch das hintere Thor kann er nicht mehr eindringen; da sucht er die Seinen von einem Haus zum Andern an der Steige, bis ihn endlich, da er in Gruber's von Menschen angefüllte Stube hineinruft, sein Kind erkennt, sich weinend an ihn hängt, ihn nicht mehr los läßt; mit dem Kinde auf dem Arme sucht er die Mutter, die er beim Schafhaus findet; sie war ihm entgegen gegangen und hatte ihn verfehlt. Da stehen denn Vater und Mutter und Kind, und müssen zusehen, wie ihr Haus zusammensinkt.

Schlosser Hauk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlosser Hauk wollte seinen Wagen mit Hausrath zu Christian Röder flüchten, sieht in seiner Bestürzung nicht, daß Brenners Scheuer schon brennt; wie er um die Ecke biegen will, schiebt Balthasar Schäfer seinen Wagen vor, und verstellt ihm den Weg. Haut macht ihm Vorwürfe: "Das Deine willst du retten, aber das Meine foll verbrennen? Da zeigt Schäfer auf Brenners Scheuer hin: „Siehst du denn nicht, daß es dort schon brennt?" Darauf wendet Hauk um, und schiebt den Wagen weiter, hat es hernach dem Schäfer gedankt. Als Hauk dann zurückkommt, und das Haus schon voll Rauch findet, nimmt er seine Frau, die eben noch eine Bettlade auseinander schlägt, am Arm, und so verläßt das Ehepaar mit leeren Händen das Haus, nimmt nicht einmal einen Stuhl noch mit. Hernach stand er beim Schafhaus, ein Scheit Holz in der Hand, um sein Schwein zu empfangen, wenn es aus dem Freien zurück in die Feuerstätte dringen wollte.

Leonh. Schergeß[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch Andere hüteten in dieser Absicht beim hinteren Thor; trotzdem drangen dennoch mehrere dieser Thiere mit Gewalt durch und stürzten sich in die Gluth. — Leonh. Schergeß sucht seine in der ersten Bestürzung fortgelaufenen Kinder an der Steige von Haus zu Haus, bis er sie endlich bei Gruber findet, jedes ein Päckchen Kleider unter dem Arm. Moses Wolf's Schwiegertochter wird laut jammernd durch die Straße geführt, ihn selbst lassen seine Kinder, nachdem er Geld und Papiere gerettet, nicht mehr zum Hause zurück.

Ferdinand Schrank trug seine in Eile geflüchtete Habe von Ort zu Ort, bis er endlich an der vierten Stelle eine sichere Stätte fand.

Löb Jakobsons Frau suchte für ihren Hausrath in ihrem Keller eine Zuflucht, wo hernach Alles verbrannte.

Abdreas Gerner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andreas Gerner, bis er erfuhr, daß sein Haus in Gefahr sei, konnte sein Vieh schon nicht mehr auf die Hauptstraße bringen, so daß er es auf einem Umweg aus der Feuerstätte bringen mußte. Adam Gchers Haus war voll von geflüchteten Päcken verschiedenster Art, auch vor dem Hause war der fleine Raum mit Hausrath, Tischen, auf denen gefüllte Milchhäfen und Eier ständen, besetzt; dorthin hatten Piot's ihre Kinder gebracht, dorthin war auch die alte Christoph Ambacher Wittib gegangen; sie saß am Fenster auf einer Kiste, vor sich ihren Pack mit ihrer groBen Bibel, neben ihr stand Piot's kleinstes Kind, dessen Hand sie in der ihren hielt. Da brachen in Jakobson's gegenüberstehender Scheuer die Flammen aus; nun schaffte der Mann eilends sein Vieh aus dem Stall, die Frau trug Piot's kleinstes Kind, das nicht fortwollte, bis gegen Johann Schmitts Haus, den Berg hinauf, die andern liefen nach; von da flüchteten sie zuerst zu Küfer Friedrich Wittib; von da später, als der Thurm geöffnet war, in diesen; hernach, als man durch die Mauer eine Oeffnung gebrochen hatte, hinaus ins Freie, und kamen endlich auf weitem Umweg über das Feld her zu ihrer Großmutter, der Balth. Bräumer Wittwe.

Adam Geyers Frau war zurückgeeilt, und hatte Bett und Anderes in einen Keller geflüchtet, dann das Haus verlassen. Darauf kam Philipp Herbolds Frau noch in die Stube, indem sie einen Bündel erhaschte und forttrug, bat sie die Ambacher, doch mitzugehen, diese gab zur Antwort:"Gott kann mich überall schützen" und blieb.

Als Herbolds Frau vor das Haus kam, waren im Hof sigende Reisbündel schon im Brand, ein vor ihr herabfallender Brandballen streifte ihr Gesicht, und verlezte das Auge; vor Schmerz konnte sie nichts mehr sehen, und nichts mehr thun; sie kam zum Hause Geyers nicht mehr zurück.

Geyer wollte noch eine Kiste retten, er brachte sie bis an die Hausthüre, da stand noch die Ambacher, einen Bündel im Arm unter der Stubenthüre; er bat sie, doch fortzugehen. Da aber Jakobson's Scheuergiebel schon eingestürzt war, und brennende Balken bis vor seiner Hausstaffel lagen, schaffte er die Kiste hinten hinaus, um durch Wolf's Hof zu dringen; dort war aber schon Feuer und Hitze so stark, und der Rauch so dicht, daß man nichts sehen, und sich durch den engen Thorweg nicht wagen konnte. Da rief er um Hülfe, man brachte die schwergepackte Kiste auf dem alten Weg zurück und doch endlich zur vorderen Thüre hinaus über die brennenden Balken hinüber. Von der Ambacher sah er nichts mehr. Auch kam Niemand mehr ins Haus. Zwei Tage nachher fand man einige verbrannte Schädelknochen von ihr im Schutt. Sie muß wieder in die Stube zurückgegangen und dort im Rauch erstickt sein. Piots Schwager hatte dessen Wiege zu Johann Bräumer tragen wollen, da sah er eben, wie Brenners Scheuer in Brand gerieth, daher wollte er mit seiner Last gegen den Thurm flüchten; als aber bei Adam Herbolds Scheuer der Spreiersack herausfiel, ließ er die Wiege stehen und lief mit dem Spreiersack davon.

Piot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Piots hatten unterdessen, weil Jakobson's Scheuer in Brand gerathen war, eilig ihre Scheuer aufgesucht, die hinter der Jakobson's stand; kaum hatte Jedes einen Armvoll des dorthin Geflüchteten aufraffen können, so fielen schon überall die Ziegel herab. Auf die Hauptstraße konnten sie nicht mehr, so versuchten sie oben durchzubringen. Da steht eine Wiege, es ist die ihre, sie packen sie auch auf, und werfen Alles auf einen vor Schäfers Haus stehenden Wagen. Hernach ist Piot noch mehrmals in sein Haus gedrungen, bis ihn, der lange krank gewesen war, mitten auf der Straße hinter der Mühle eine Ohnmacht befiel. Da stand er, dem Umfallen nahe, und konnte nicht weiter, bis Jemand ihn fortführte. Im Gasthaus zum Hirsch saß er dann von Jammer gebeugt, die mitleidige Wirthin erquickte ihn, bis seine Frau ihn dort fand.

Philipp Schäfer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Philipp Schäfer hatte seinem Schwiegervater, dem Heiligenrechner Wagner zuerst ausräumen helfen, und dessen Habseligkeit meistens in sein Haus und seinen Keller gebracht; hatte dann auch noch Andern geholfen, und war erst zu seinem Haus zurückgekehrt, als es rings um dasselbe schon brannte; auch Wagner traf Schäfers Haus schon mitten im Feuer. Da ergriff den Wagner ein solcher Schrecken, daß er mit drei Schublädchen, in denen Geld und wichtige Papiere waren, in ein Bett gewickelt fortstürzte; erst als er schon auf dem Helmstadter Weg war, besann er sich, was er denn wolle, kehrte um, und brachte das Geld zu Gemeinderath Weissert. Unterdessen hatte Schäfer nichts mehr thun können, als den Wagen vorführen und die Pferde anspannen. Aber bis er sie mit vieler Mühe angeschirrt hat und aus dem Stall führen will, schlagen ihm schon die Flammen von der nahen Scheuer Balthasar Schäfers entgegen und die Pferde prallen zurück. Endlich bringt er sie doch heraus, da fällt dem einen Pferd ein brennendes Stück Holz auf den Rücken; nun schnellen sie vorwärts. Da steht er denn vor den sich aufbäumenden Pferden, rings von Feuer umgeben, seine Frau und Schwiegermutter werfen auf den Wagen, was sie noch schnell erraffen können, über dem kommt sein Schwiegervater Wagner zurück und ruft ihm zu: "Fahre fort, der Wagen brennt ja schon! und so fährt denn der Mann mit dem flammenden Wagen mitten aus dem Feuer Heraus den Berg herab, unterwegs richten die Waibstadter ihre Spritze auf ihn und tödten den Brand, und noch unten an der Mühlbrücke werden die brennenden Betten mit Wasser begossen, bis alles gelöscht ist. Was im Keller war und eine Kommode vor dem Haus blieb zurück.

Schäfers Frau flüchtet noch mit Hühnern und Gänsen nach oben zum Thurm; Wagners Frau will auch nach oben zu flüchten, da hört sie ein Brummen in der Scheuertenne, darüber fällt ihr ihr Vieh ein, das dort eingesperrt war; mit einem Waschseil, das eben zur Hand liegt; schlingt sie in Eile beide Kühe in einer Schlinge zusammen und zerrt sie den Berg herab, bis Andere sie ihr abnehmen.

Philipp Schäfers Vater hatte in einem weiter oben stehenden Hause gewohnt, seine Tochter hatte ihn aufsuchen wollen, aber weil eben bei ihres Bruders Haus ausgeräumt wird, hält sie sich da auf. Darüber kommt sie zu Balth. Schäfers Haus, wo sie schen vorher geholfen hatte, und hilft noch einmal ausräumen; über dem fällt ihr der Vater wieder ein, also geht sie nach Haus, ihn dort zu suchen, sie findet ihn nicht. Wie sie zu Balth. Schäfers Haus zurückkommt, steht der Mann da am ganzen Leibe zitternd. Der alte Mann hatte noch einmal in sein brennendes Haus eindringen wollen, aber Oberamtmann Otto von Sinsheim hatte ihn zurückgehalten; darüber war der Eindruck von seiner Gefahr und seinem Verlust so mächtig bei ihm geworden, daß ihn eine unüberwindliche Angst überfiel; der Frau klagt er um seinen Rock und seine Müte; so dringt sie in das Haus und bringt das Vermißte. Als sie aus dem Haus tritt, faßt sie ein vornehmer Mann am Arm und schilt sie aus: "Was hat sie noch da innen gethan? sie sagt verblüfft: "Ich habe nicht stehlen wollen. Das glaubt er ihr wohl, dagegen weist er sie auf die Gefahr hin, sie muß ihm versprechen, nicht mehr hineinzugehen. Darauf versucht sie noch einmal zu ihres Vaters Haus zu dringen, aber Philipp Junkers Anbau war schon eingestürzt, so muß sie unverrichteter Sache zurückkehren. Da fällt ihr ein, daß Balth. Schäfer noch nicht einmal einen Stuhl gerettet habe; also rennt sie doch noch einmal die schon angebrannte Stiege hinauf, arger Rauch kommt ihr entgegen, sie ergreift 5 Stühle zugleich; wie sie die Stiege wieder herabkemmt, die nur noch halb an der Mauer hing, faßt sie derselbe Mann zum zweiten Mal derber an, sie muß zum zweiten Mal versprechen, nicht mehr hinaufzugehen. Nun macht sie den dritten Versuch, zu ihres Vaters Haus zu dringen, zugleich auch will sie nach ihres Bruders Keller sehen; sie nimmt ihre Kleider zusammen, um sie gegen die von allen Seiten lodernden Flammen zu schützen, aber erreicht noch weniger ihren Zweck. In dem Augenblick, als sie umkehrt, trifft sie der Wasserstrahl einer Spritze und wirft sie zu Boden. Man ruft:"da ist noch ein Mensch!" und derselbe Mann ergreift sie zum dritten Mal und richtet sie auf. Nun wars genug, er gibt sich ihr zu erkennen und warnt sie alles Ernstes, heißt sie nach Haus gehen. Jetzt war sie bereit dazu, denn nun war sie naß. Diese Frau war in lauter Angst_tollkühn durchs Feuer gegangen, bis Wasser sie abkühlte. Den Vater fand man später wohlbehalten in den drei Königen, ein Waibstadter hatte ihn noch zu rechter Zeit aus dem Hause gebracht. Der Mann aber, der so dreimal der Frau in den Weg trat, war derselbe, der vorher auch dreimal den alten Balth. Schäfer von seinem brennenden Hause zurückgehalten hatte. Er hatte längere Zelt in der Gegend seinen Standort gehabt, da dort durch fast die ganze Nacht die Löscharbeit sich concentriren mußte.

Philipp Junker[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch bei Philipp Junker's währte es lange, bis die Mutter, während Alle zur Brandstätte geeilt waren, Hülfe bekam. Da sie durch's Fenster die Funken gleich Schneeflocken fliegen sah, ward ihr ums eigene Haus bang, sie steckte daher Schlüssel an alle Schränke, stellte brennende Lichter in die Stuben, holte Säcke zum Füllen berbei, zündete die Laterne Als immer noch Niemand von den Ihrigen kam, und Brenners Scheuer, gegenüber, zu brennen anfing, rief sie um Hülfe, und sandte nach ihrem Sohn. Dieser stellte den Wagen in den Hof, und unter der Beleuchtung von Brenners Scheuer her, deren Licht gerade in den nur nach dieser Seite offenen Hof herein fiel, ber spannten sie den Wagen, Andere führten Vieh aus dem Stall, durch die oberen Fenster des im Hintergrund stehenden Hauses warf man Betten und Kleider auf den Wagen herab; mitten in dieser Scene traf Frau Rechtsanwalt Hormuth ihre Schwester, die alte Junker Wittwe, wie sie, von den Flammen beleuchtet, auf ihrer hohen Staffel stand. Das würdige Angesicht und die ruhige Gestalt in dieser Beleuchtung und unter dieser Umgebung kann die Schwester nie wieder vergessen.

Christian Rörer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Christian Rörer kam von der unteren Brandstätte erst zurück, als seine Scheuer schon brannte, sein Vieh war von dem Sohne schon weggeführt, die Frau hatte Betten und Kleider gepackt; auch er belud seinen Wagen; als dieser weggeführt war, brang er noch mehrmals in's Haus; Arme voll verschiedenster Sachen trug er hervor, bis er Jemand fand, der sie ihm abnahm. Indessen kam sein Sohn wieder herbei; schaffte die Schweine heraus, eines entging ihm und sprang auf das Feuer zu, das andere bringt er zur Mühle, doch das erste kommt wieder aus dem Feuer zurück, das treibt er vor's Städtechen. Noch einmal geht Röder ins Haus, das jämmerliche Schreien der Hühner erinnert ihn an diese, drei davon ergreift er und hält sie im Arm, die andern flattern die Stiege herunter, er nimmt noch einen Sack, eine Laterne, eine Strohtasche mit seines Sohnes Wanderbuch; so beladen kommt er bis vor Graulichs früheres Haus; dort steckt er Hühner, Laterne, Strohtasche in den Sack, und lehnt ihn ans Haus an; ungeachtet ihn sein Sohn mit Thränen bat, als wagt er sich noch zum leztenmal in das brennende Haus; der Sohn hernach den Sack wegtragen will, ist er fort, und den Vater sieht er nicht mehr aus dem Hause kommen. Da steht Mutter und Sohn unten bei der Mühlbrücke, und jammern um den Vater. Dieser war aber glücklich noch herausgekommen, und dem andern Schweine nachgegangen, von dem er nicht wußte, daß es geborgen war. Bei Schuler treffen sie sich endlich und sind froh, vergessen darüber Haus und Alles. Aber der Mann hat keine Ruhe, sein Holz liegt ihm im Sinn; eine Stunde später steht er mitten zwischen brennenden Gebäuden auf seinem Schweinstall, wo man ihn mit Spritzen beneßt, während er sein Holz herabwirft; und kaum war sein Haus niedergebrannt, noch vor Tag, so hat er schon alle die Seinen zusammengenommen, mit denen er Wasser auf die Gluth über seinem Keller trägt; so tragen sie zwei Tage lang und die zwischenliegende Nacht hindurch Wasser, bis zum Keller Bahn gemacht und was sich darin noch erhalten fand, gerettet war.

Jakob Schiek[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jakob Schiek hatte sich mit Versuchen, die Funken auf seinem Speicher zu tödten, aufgehalten; der Sohn hatte unterdessen im Hof Vorkehrung getroffen, das Scheuerthor geschlossen, und löschte die Zündflammen in seinem Hof. Aber das fliegente Feuer wurde häufiger, ganze brennende Tabaksbüschel (von Joh. Friedrich Schieks Haus) fuhren in seinem Hof herum; da fing er an an Rettung des Viehes zu denken. Er ruft Leute zu Hülfe, die haben mit dem Stier viele Mühe, ein Schwein trugen sie, weil es nicht gehen wollte, und die Pferde, die vor dem umfliegenden Feuer sich scheuten, führten sie rückwärts aus dem Stall. Ueber dem gerieth die Scheuer in Brand, während der Vater noch immer den Speicher mit Wasser begoß; dieser, endlich gerufen, war starr vor Schrecken, fand lange die Schlüssel nicht, rettete kaum noch Geld und Papiere; um Betten zu packen, suchte man blindlings Tücher im ganzen Haus, das bald von hinten her durch die hart anstoßende Scheuer in Flammen gerieth und verlassen werden mußte. Gegen Morgen konnte der Sohn mit Hülfe von Spritzen noch Einiges aus dem Keller retten.

Balthasar Schäfer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch Balthasar Schäfer ward über der Arbeit, auf seinem Speicher die Funken zu tödten durch den Brand von Brenners Scheuer überrascht; Knecht und Magd waren beim Löschen, die kränkliche Tochter war schon früher geflüchtet, der alte Mann mit seiner Frau war allein. Das Vich und was sie schnell auf den vorgeschobenen Wagen warfen, einiges Hausgeräthe, war Alles, was sie davon brachten. Ein Schwein hatte er an einer Kette fortgeführt, als es nicht gehen wollte, schleiften zwei Männer es an allen vier Beinen weiter; drei Hühner, welche der Knecht in einen Sack gesteckt, und in eine Milchkiste verschlossen hatte, fand man am andern Morgen noch lebendig in ihrem engen Gefängniß.

Heinrich Brenner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinrich Brenner hatte, durch seine Frau gewarnt, bald angefangen auszuräumen; da hört er, wie der Wind das Feuer auf seine Scheuer jagt, daß es kracht; Krachen und Ziegelherunterfallen war Eins - schon steht die Scheuer in Flammen. Da eilt er nach seinem Vieh, bis er das fortgebracht und die Schweine versorgt hat, schlägt ihm, als er noch einmal ins Haus geht, vom Speicher herab schon die Flamme entgegen. Im Zurückweichen sieht er durch die offene Stubenthüre ein Licht auf dem Tisch und die Backmulde, schon mit Mehl gefüllt, zum Backen bereit, fällt ihm in die Augen. Er muß lange um Hülfe rufen, bis zwei Männer sich noch hineinwagen, sie ihm heraustragen und fortschaffen helfen. Dann kehrt er mit seinem Sohn zur Scheuer zurück. Da stehen sie vor der offenen Tenne, hell brennen die Dachsparren, auch innen ist's hell, die Windmühle steht in lichten Flammen - "Sieh, Vater", ruft da der Sohn, mein Traum!.. so hatte er 8 Tage zuvor im Traum die Scheuer brennen sehen. Darüber ruft ihn Wagner zu Hülfe, so hilft er dort; wie sein Haus zusammengestürzt ist, hat er nicht gesehen.

Adam Schütz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adam Schütz warf noch Stücke durchs Fenster, als sein Haus oben schon brannte, auch er selbst trug, eilends seine hohe Hausstaffel herabspringend, noch einen Arm voll davon. Da fiel ihm sein Waschkessel ein, so drängte er sich noch einmal hart an der Mauer hinauf, warf noch die Backmulde herab, riß den Kessel heraus, kaum aber war er damit über die Staffel herunter, so stürzte der ganze Dachstuhl ihm nach. So hat auch Schreiner Schiek im gleichen Haus sich noch einmal in seine Wohnung gewagt; die Fensterverkleidung brannte schon innen, er mußte weichen, indem er zuletzt nur noch 3 Hobel und ein Handbeil mit fortnehmen konnte.

Johann Bräumer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Bräumer räumte bald; seine Frau trug noch, als schon in dem engen Winkel bei ihrer Wohnung Ziegel von den Dächern fielen, Betten unversehrt zwischen durch. Als sie später ihr Haus in sich zusammenstürzen sah, dachte sie: "Das ist nur zeitlich, und dieses Feuer verzehrt sich, aber wie würde es im Feuer der Ewigfeit sein? Das Sausen des Feuers, und das Knallen, das zwischen hinein gehört wurde, sagt sie, werde ihr nicht mehr aus den Ohren kommen. Als am andern Morgen ihr kleines Enkelkind heimwollte, trug sie es zur Brandstätte, zeigte ihm das noch in Gluth daliegende Haus, und sagte: "Wir kommen nicht mehr heim. Da fragte das Kind: "Aber warum hat Gott unser Haus verbrennen lassen? und gab sich selbst zur Antwort: "Nicht wahr, weil wir so bös waren."

Georg Dettinger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Georg Dettinger hatte lange beim Löschen geholfen und sich darüber versäumt; bis er heim kommt, sieht er Brenners Scheuer in Flammen, da eilt er nach seinem Vieh; drei Stücke führt er durch Brenners schon in Flammen stehende Halle, während über ihm der Dachstuhl zusammenstürzt, doch kommt er noch ohne Schaden davon; die drei andern führt er über eine kleine Staffel bei Wilhelm Müllers herrschaftlicher Waldhüterwohnung durch eine Thüre hinten hinaus, und läßt sie laufen; drei Pärchen Schweine bringt er eben dahin, aber zu einem anderen Schweinstall, zu den Gänsen und einem Schaf kann er nicht mehr kommen. Dann wirft er durch den Speicherladen hinaus in den Hof, was ihm unter die Hände kommt, die Spinnräder kamen unten übel an, und ein Sack mit Mehl fuhr im Hof auseinander. Er wollte noch Frucht fortschaffen, mußte sie aber auf der Stiege liegen lassen, wo sie zu Grunde ging. Ein Bett seiner Mutter blieb auch unten im Gang liegen, wo man es am andern Tag erhalten fand, weil sein Haus nicht völlig niederbrannte. Er war allein, Frau und Kinder hatten schon das Haus verlassen, und Niemand konnte mehr zu Hülfe kommen. Da ließ auch er das Haus, und suchte die Seinen hinter der Mauer auf dem Feld. Dort fand er zuerst zwei seiner Schweine, dann weiter oben seinen Knaben, der zwei Rinder an einem Bäumchen festhielt und weinte. Da fielen auch dem Vater die Thränen die Backen herab, und fragte nach der Mutter; die Mutter war den Vater suchen gegangen. Gegen den Thurm hin fanden sie noch eine Kuh und brachten diese drei Thiere in Verwalter Lehmann's Scheuer. Auf dem Rückweg trafen sie die Mutter, die hinter der Mauer Bretter zusammengetragen und die Schweinchen da eingesperrt hatte. Dann brachten sie ihre gerettete Habe auf einen Haufen zusammen, und fragten sich: "was fangen wir jetzt an? Es war zwischen der Mauer und an dem weiter oben stehenden Haag in den Gärten; die Flammen über die Mauer herüber beleuchteten sie hell. Ihre zwei Mädchen verkrochen sich dann unter gerettete Bettstücke, so blieb die Familie hier bis an den Morgen.

Weber Christoph Hot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Weber Christoph Hot, in Dettingers Haus, ward auch vom Feuer so überrascht, daß seine Frau eilends ihr Kind hinter die Mauer trug, wo es barfuß und weinend auf dem Feld herum lief, während die Eltern noch mehrmals nach der Wohnung gingen, bis er es später zu Gruber brachte. Ein Stück Zeug schnitt er halb verbrannt vom Webstuhl, seine Geis konnte er nicht mehr retten.

Wilhelm Müller[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wilhelm Müllers Kinder flüchteten durch die Nacht in weitem Bogen über das Feld hin zu Jakob Karle's Wohnung. Auch Albrecht Ritters Schwester hielt sich die Nacht durch im Felde auf, wo die alte Person sehr durch die Kälte litt. In einem ganz im Winkel versteckten Stall Dettingers, wo er sein Schaf und Hot seine Geis zurücklassen mußte, hatte Piot seine Kuh und Geis auch untergebracht. Niemand der Umwohnenden wußte davon; später hörte man wohl die Kuh brüllen, aber unter dem andern Getöse war nicht deutlich zu vernehmen, was es war und wo. Am andern Tag grub man die Ueberreste der Kuh mit der abgerissenen Kette bei der Stallthüre aus. Sie muß mit den drei andern Thieren jämmerlich zu Grund gegangen sein.

Löscharbeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Doch wir verlassen die Begebnisse der Einzelnen und wenden uns zur Löscharbeit.

Die Adersbacher, Bargener, Hasselbacher, Grombacher, Kirchardter und Ehrstädter Spritzenleute kennen wir schon, wie sie zur Rettung des Schafhauses erfolgreich bemüht waren. Den sämmt lichen von Abersbach her kommenden Spritzen war es unmöglich gewesen in das Innere der Brandstätte weiter einzudringen. Eine Zeit lang war der Verkehr zwischen diesem äußeren Theil und der inneren Stadt sogar ganz unterbrochen; nur Einzelne wagten sich später durch die Hauptstraße, um Nachricht einzubringen, wie es außen stehe. Die hiesige neue Sprize haben wir vor Seiler Gehers Haus verlassen, bis wohin sie sich vor der Uebermacht des Feuers zurückgezogen hatte. Die hiesige alte stand unthätig, weil untauglich geworden, in dem Winkel bei dem noch stehenden Herbold'schen Haus; an ihre Stelle war die neue Waibstadter beim Haus des Balthafer Schütz getreten, wo sie erfolgreich dem Weiterumsichgreifen wehrte. Die Helmstadter Spritze war in dem engen Gäßchen bei Seiler Geyers Scheuer invalid geworden, und steht bei Gruners Schmiede, während die Sinsheimer Sprite ihre Stelle einnahm, und in ermüdender Arbeit mit Wassermangel und Feuer zugleich zu kämpfen hatte. Auch die Flinsbacher Sprite war unterdessen angekommen und hatte unterhalb Schmied Störzers Haus Stellung genommen, um Brenners Haus gegen deffen Scheuer zu schützen. -Die Helmstadter Sprite wurde später in den Hof hinter Schellings und A. Hirsch's Haus gestellt, aber dort reichten ihre Schläuche nicht bis hinüber gegen Brenners Scheuer; darauf wurde sie über den Damm außen herum hinter die Stadtmauer gesendet, da traf fie schon die Sprige von Hüffenhardt an; erst gegen Morgen kam sie in Thätigkeit, indem sie oberhalb Schmied Störzers Haus mehrere Keller öffnen half. Am folgenden Tag wurde sie von hiesigen Leuten noch einmal gebraucht, wo sie abermals zerbrach. Was die alte Sprige nicht leisten konnte, das hat desto treulicher die fleißige Mannschaft ersetzt. Die Saugsprite von Waibstadt war der großen Sprize bald nachgekommen, und wurde an der Mühlbrücke aufgestellt.

Als der Brand mit einem Mal die oben beschriebene ungeheure Ausdehnung gewann, zog man die Waibstadter Spritze von der unteren Brandstätte herauf, so daß diese eine Zeit lang zum Theil verlassen war, und suchte sie oberhalb Schmied Störzers Haus zum Schuß der Häuser von Adam Schüß und Philipp Schäfer gegen den Berg vorzuschieben. Aber man fand bald, daß gegen die von beiden Seiten andringende Gluth ihre Macht zu gering sei; sie mußte sich darauf beschränken, den Ausräumenden durch theilweise Dämpfung des Feuers die Arbeit zu erleichtern, Schäfers Wagen zu löschen, und zog sich gegen Brenners Scheuer zurück. Auch dort war wegen des gewaltigen Ueberhandnehmens des Feuers und großer Hitze, auch weil nicht leicht Wasser herbeizuschaffen war, ihre Arbeit von wenig Erfolg begleitet; so zog sie sich in das Bachgäßchen hinter Störzers Haus herab, während die Flinsbacher Sprite in diesem Gäßchen weiter nach hinten geschoben wurde. In dieser neuen Stellung arbeiteten die Waibstadter eine kleine Stunde lang mit gutem Erfolg zum Schutz von Störzers Haus und der gegenüberstehenden Häuser; waren auch hier den noch aus Brenners Haus Ausräumenden behülflich, und hielten zu schon brennenden Ställen mit ihrer Spritze den Weg offen, um das Retten von Schweinen zu erleichtern. Unterdessen war Werkmeister Betz von Sinsheim seiner Sprize nachgekommen, und brachte sie an diese Stelle, worauf die Waibstadter die ihrige zwischen Flaschner Friedrich's und Balthasar Schäfer's Haus aufstellten.

Von 8 Uhr an bis nach Mitternacht kamen nun nacheinander von nah und fern eine Menge Spritzen an. Außer den bisher genannten fuhren nach 8 Uhr die Spritzen von Obergimpern, Aglasterhausen, Rohrbach herein; gegen 9 Uhr folgten die Spritzen von Daudenzell, Epfenbach, Hüffenhardt, Siegelsbach, Treschklingen, die alte Spritze von Waibstadt wurde nachgeholt, sodann kamen die Spritzen von Eschelbronn, Spechbach, Daisbach, Steinsfurth, Dühren, Reichartshausen; ferner die Spritze von Hoffenheim, die Gemeindesprige von Rappenau um 10 Uhr, die Salinenspritze von dort um halb 11 Uhr; gegen 11 Uhr folgte die Zuzenhäuser, noch später die von Meckesheim, Asbach und Reihen, so daß mit den 6 beim Schafhaus und hinter der Mauer arbeitenden, und mit den weiteren 5 gleichfalls schon früher genannten und der hiesigen neuen im Ganzen 34 Spritzen hier versammelt und außer denen von Meckesheim, Reihen und Daisbach, welche nicht mehr zur Anwendung kamen, durch die ganze Nacht in vielfach bewegter angestrengter Thätigkeit waren. Auch die Spritze von Fürfeld kam noch, doch nur bis in die Nähe der Stadt; da die Mannschaft dort vernahm, daß die größte Gefahr vorüber, und für ihre Hülfe kein Raum mehr sei, kehrte sie um. Wir danken unfern Würtemberger Nachbarn, die nicht nur durch diese Willigkeit, sondern auch hernach durch viele reiche Gaben ihre nachbarliche Theilnahme bezeugten, aus Herzensgrund.

Mit diesen 31 Maschinen, bedient von etwa 600 bis 800 Mann, unter Beihülfe von Tausenden Wasser tragender Hände, begann nun der Kampf gegen das scheinbar unaufhaltsam um sich greifende Element eine eben so große Ausdehnung anzunehmen, um ihm längs der ganzen Linie gegen den übrigen Theil der Stadt hin einen siegreichen Widerstand entgegenzusetzen. Unter Oberleitung der beiden Beamten, des Oberamtmanns Benitz von hier und des mit seiner Sprite schon früh zu Hülfe geeilten Oberamtmann Otto von Sinsheim, welchen der hiesige Bürgermeister Neuwirth und Werkmeister Luß von hier mit einer großen Anzahl Zimmerleuten aus allen umliegenden Orten zur Seite, und eine Anzahl Gendarmen zum Verkehr mit den Obmännern der Sprizenmannschaften zu Gebote standen, währte der Kampf in dieser Ausdehnung bis gegen den Morgen. Oberamtmann Beniß war vom ersten Augenblick an durch die ganze Nacht unermüdet auf der Brandstätte, wobei er mehrmals durch Abspringen von Feuerhaken in Gefahr gerieth. Oberamtmann Otto stand ihm durch die ganze Nacht getreulich bei: auf allen Punkten, wo Noth war, waren diese Beamten zur Stelle, bestimmten die Aufstellung der Spritzen, leiteten die Löscharbeit, hielten die Ordnung im Ganzen aufrecht, und übersahen auch die Gefahr und Noth der Einzelnen nicht. Gleiche Thätigkeit zeigte überall Bürgermeister Neuwirth, dessen Gemüth zu den Anstrengungen auch noch die ganze Last des über seine Gemeinde ergehenden Jammers zu tragen hatte. Die vielseitige und aufopfernde Thätigkeit dieser überall in Anspruch genommenen Männer ihrem ganzen Umfang und Verlauf nach im Einzelnen wiederzugeben, ist unmöglich. Es sei darum genug, hier ihre Arbeit im Allgemeinen angedeutet zu haben; was von der Löscharbeit bisher erzählt wurde, und was noch im Folgenden erzählt werden wird, ist nach ihrer Anleitung geschehen. Auch Gendarm Neidhart bewies eine vielseitige und unermüdliche Thätigkeit, er war es auch, der sich mehrmals durch die mit brennenden Trümmern bedeckte Hauptstraße nach dem Schafhaus gewagt hat.

Gewaltige Hilfsbereitschaft nach dem Brand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am empfindlichsten war der Mangel an Brod unmittelbar nach der Brandnacht. Desto größer wurde die Freude, als schon am frühen Morgen ein Wagen mit Brod von Waibstadt hergefahren kam; bald auch von Helmstadt, Flinsbach, Hüffenhardt, Bargen, Adersbach, Hasselbach, dem Büchelhof, sogar von Haßmersheim und vielen andern Orten. Wie dankbar waren wohlhabende Leute, die nie von Mangel gewußt, jezt einen Laib Brod zu empfangen! Schon am Mittag bildete sich eine Commission zur Unterstügung der Verunglückten, bestehend aus dem Herrn Grafen von Helmstatt, Oberamtmann Beniz, Decan Gräbener, Amtsarzt Moppey, Pfarrer Schmitthenner, Bürgermeister Neuwirth, den Gemeinderäthen und Kirchengemeinderäthen Junker, Weissert und Ruppert, und dem Vorstand der Ifraeliten, Adlerwirth Bär; Amtsarzt Moppey wurde ihr Cassier; und die Herren Regierungsdirector Böhme und Ministerialrath Diet, welche schon am ersten Abend nach dem Unglück unsre Stadt besuchten, autorisirten sie. Ein gutes Angeld war eine Gabe des hohen Ministeriums von 500 fl., welche Ministerialrath Dietz auf den Tisch legte; und ein Geschenk Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von 300 fl., und der Frau Großherzogin von 200 fl., welches sogleich unter die Aermsten der Abgebrannten vertheilt wurde. Es folgte nun Gabe auf Gabe an Geld und Naturalien; Brod wurde so viel gegeben, daß die Unglücklichen 3 Wochen lang damit versorgt werden konnten; Kufen voll Mehl standen im Rathhaussaal; Heu und Stroh, Rüben und Kartoffeln, Getreide und Hülsenfrüchte, Schmalz und Zwiebeln machten der Commission mit Empfangen und Austheilen die Hände voll zu thun. Auch Kleidungsstücke und Weißzeug der verschiedensten Art wurden gegeben; der Frauenverein mußte ein eigenes Local in Anspruch nehmen, dieselben zu ordnen und zu vertheilen. Etwa sechsmal in sechs Wochen verwandelte sich der größte der Schulfäle, später der Rathhaussaal, in ein Kleidermagazin, aus dem Mann und Frau, Kinder und Dienstboten von Kopf bis zu Fuß gekleidet hervorgingen, späterhin Päcke, nach den Wünschen der Bedürftigen, so viel möglich war, eingerichtet, in deren Wohnungen wanderten. Alles geschenkte Bettwerk wurde gesammelt, und dann nach Verhältniß des Verlustes und Bedürfnisses vertheilt. Erst mit dem Schluß des Jahres endete diese fast tägliche Arbeit mit einer schönen Feier durch Austheilung von Weihnachtsgaben, welche die liebevolle Theilnahme mehrerer, zumal zweier von Geburt und Gesinnung geadelter Damen aus Stuttgart und Bruchsal gespendet hatte, und womit die Mütter für ihre hundert Kinder ausgestattet wurden, daß auch ihre Familien von der allgemeinen Christabendfreude nicht ausgeschlossen seien.

"Religiöses Bedürfnis"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab Seite 59 des Buches[1] wird ebenso sehr ausführlich berichtet, wie der Brand in Bezug zur Religion diskutiert wurde. Es wurde thematisiert und gemutmaßt, weswegen Gott den einen bestraft und den anderen verschont hatte. Auch dieser Teil wird hier nicht wiedergegeben.

Schadensaufstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab Seite 66 des Buchs[1] werden die damals entstandenen Schäden detailliert aufgelistet. Hier zeigen wir die Originalaufstellung:

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 "Beschreibung des großen Brandes von Neckarbischofsheim", 1860 erschienen als gedrucktes Heft in Heidelberg. Abgerufen von Google Books unter [1]
  2. Entnommen aus "Villa Biscovisheim", Neckarbischofsheim 988 - 1988
  3. Manuell nachgearbeitet und Überschriften eingefügt durch Dirk Hartkopf