Das Projekt der Grenzsteinerfassung
Erläuterungen zum Projekt der Grenzsteinerfassung Wimpfener Forst [1][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im März 2024 habe ich begonnen, die Grenzsteine im Wimpfener Forst zu erfassen, Fotos zu erstellen und die Koordinaten aufzunehmen.
Da sich diese Steine oft am Waldrand befinden, sind sie teilweise im Unterholz verborgen, von Brombeerhecken überwuchert, oder sitzen tief im Erdreich.
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Abb. 1: Stein an der Grenze zu Flinsbach
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Abb. 2: Stein durch landwirtschaftliche Arbeiten ausgerissen
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Abb. 3: Stein durch Forstarbeiten ausgerissen
Viele der ursprünglich knapp 400 Steine fehlen komplett oder sitzen inzwischen an einem anderen Platz.
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Abb. 4: ursprünglicher Grenzstein in einem Vorgarten
Solche Steine werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter betrachtet.
Um die Hintergründe der Steinsetzung zu verstehen, möchte ich mich zuerst näher mit dem geschichtlichen Hintergrund des Wimpfener Forstes befassen.
Geschichte der Grenzsteine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In dem Kapitel Geschichte des Wimpfener Forst findest du noch weitere Informationen darüber.
Um den Ausbau der Bergstadt Wimpfen zu beschleunigen, schenkte der Stauferkönig Heinrich VII. (1211 – 1241) am 8. Januar 1223 diesen 583 Hektar großen Forst den Bürgern der Stadt als ewiges Eigentum. Da dieser Forst hauptsächlich mit Eichen und Buchen bewaldet war, hatte er für Wimpfen eine große Bedeutung. Allein für den Bau eines Fachwerkhauses wurden zwischen 80 und 100 Eichenstämme benötigt. Die Bauholzbeschaffung aus dem geschenkten Forst war also für das Wachstum Wimpfens im 13. Jahrhundert von allergrößter Wichtigkeit [2].
Um die Grenzen des Forstes zu kennzeichnen, wurden anfänglich an markanten Bäumen tiefe Kerben in Kreuzform eingeschlagen. Im 15. Jahrhundert wurden solche Bäume durch tief in den Boden eingelassene Steine ersetzt. Der Forst war komplett von badischem Gebiet umschlossen. Das hat dazu geführt, dass durch die Bürger von Wimpfen eine 15 km lange Forststraße zum Holztransport errichtet wurde, die auch durch Grenzsteine markiert war.
Die ältesten mit Jahreszahl versehenen Steine, die den Wimpfener Forst kennzeichnen, sind aus Schilfsandstein und stammen von 1539.
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Abb. 5: Stein von 1539
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Abb. 6: derselbe Stein von oben
Später wurden dann alle Steine bei Untergimpern beginnend im Uhrzeigersinn durchnummeriert (Abb. 6). Auf der Forstkarte von 1723 sind 386 Steine aufgeführt.
Abb. 7: Forstkarte von 1723
Da es bis Mitte des 19. Jahrhunderts unmöglich war, Grenzsteine im Gelände genau einzumessen, wurden zur Ortsbestimmung und zum Setzen der Steine von jeder Gemeinde vertrauenswürdige Bürger auf Lebenszeit gewählt und durch strenge Eide verpflichtet. Zur Aufgabe dieser Steinsetzer - auch Feldrichter genannt – gehörte es, gemeinsam mit dem Feldgericht der Nachbargemeinde die vorhandenen Grenzsteine zu überwachen oder den ursprünglichen Standort eines widerrechtlich versetzten oder eines verschwundenen Steines wieder herzustellen oder einen neuen Stein zu setzen. Grenzsteine waren gesetzlich geschützte Geländemale, deren Beschädigung oder Versetzen mit Mord und Brandstiftung gleichgestellt war [2].
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Abb. 8: Stein von 1549
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Abb. 9: derselbe Stein von der Wimpfener Seite
Das Alter der Grenzsteine ist heute teilweise nur noch im Kontext zu bestimmen. Das Kürzel MvH (Abb. 8) an diesem Stein an der Grenze zu Wagenbach bedeutet „Michael von Helmstatt zu Wagenbach“, der im 16. Jahrhundert gelebt hat. Aus langen Prozessakten ist bekannt, dass er ein streitbarer Mann war und des Öfteren die Grenze zum Wimpfener Forst infrage gestellt hat. Somit bedeutet die rückseitige 49 das Jahr 1549.
Die Untergimpener Seite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei einer Erhebung der Grenzsteine des Wimpfener Forstes durch Herrn Dr. Hartmann vom Historischen Verein Alt-Wimpfen im Jahr 1990 wurden in diesem Bereich 26 Grenzsteine erfasst. Von diesen konnte ich bei meinen Erhebungen 19 finden und dokumentieren.
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Abb. 10: Stein an der Untergimpener Grenze
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Abb. 11: Stein an der Untergimpener Grenze
Die Neckarbischofsheimer Seite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Von den im Jahr 1990 erfassten sechs Steinen konnte ich nur noch drei in Helmhof dokumentieren.
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Abb.: 12: Stein in Helmhof Westseite
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Abb: 13: Stein in Helmhof, Südseite
Die Abkürzungen auf diesem Stein von 1891 bedeuten: GB = Großherzogtum Baden, N = Neckarbischofsheim, LG = Landesgrenze, GH = Großherzogtum Hessen, W = Wimpfen. Der Stein ist besonders interessant, da die Grenze Baden / Hessen bis ins Jahr 1951 mitten durch den Ort Helmhof lief. Gemäß Forstkarte war an dieser Stelle bereits 1539 ein Grenzstein gesetzt worden, der 1891 durch den jetzigen ersetzt wurde.
Die Flinsbacher Seite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Steine an der Grenze zu Flinsbach sind auch heute noch großteils vorhanden und in gutem Zustand.
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Abb. 14: Stein 135 an der Flinsbacher Grenze
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Abb. 15: Stein 144 von 1603
Die Bargener Seite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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Abb. 16: moderner Grenzstein an der Bargener Grenze
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Abb. 17: Grenzstein an der Bargener Seite
Bei diesem Stein in Abb. 17 hat der Steinmetz die Schablone falsch herum gehalten.
Die Wollenberger Seite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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Abb. 18: Dreimärker neben einem spitzen Grenzstein aus dem 15.Jahrhundert
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Abb. 19: Grenzstein von 1542
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Abb. 20: derselbe Stein von der Rückseite
Diese Aufnahme ist besonders interessant, da sich neben einem unbeschrifteten spitzen Grenzstein aus dem 15. Jahrhundert ein jüngerer Stein von 1780 befindet. Es handelt sich hier um einen Dreimärker, der die Gemarkungsgrenze Wimpfen-Bargen-Wollenberg anzeigt.
WOL bedeutet hier Wollenberg, PVH steht für Philipp von Helmstatt (1496 – 1563)
Die Wagenbacher Seite[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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Abb 21: Stein von 1549 an der Wagenbacher Seite
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Abb 22: Grenzstein von 1549
MvH steht für Michael von Helmstatt zu Wagenbach
Resumee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zu Beginn des letzten Jahrhunderts war die 20 km lange Grenze des Wimpfener Forstes mit 398 Grenzsteinen markiert. Leider sind viele Grenzsteine der Gebietsreform von 1952, durch Flurbereinigungen, Straßen und Wegebau sowie durch land- und forstwirtschaftliche Arbeiten verlorengegangen, sodass Herr Dr. Hartmann im Jahre 1990 nur noch 238 Grenzsteine dokumentieren konnte. Diese Zahl hat sich leider auch in den letzten Jahren deutlich verringert. Bisher konnte ich 145 Steine erfassen und dokumentieren. Für mich stellen diese Steine ein kulturgeschichtliches Denkmal dar, das es auch in Zukunft zu erhalten gilt.
Gez. Axel Kunzelmann, Juni 2024