Die Landschaftsumgebung und geologischen Verhältnisse
Einleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wie jede Landschaft [1], so hat auch die Umgebung von Neckarbischofsheim eine Naturprägung eigener Art. Unter dem Begriff Landschaft verstehen wir einen Naturraum, welcher auf Grund seiner Entstehung einen bestimmten Ausdruck hat und einen bestimmten Charakterzug trägt.
Der Kraichgau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Landschaftsgebiet, in welches unser Städtchen eingebettet liegt, ist der Kraichgau. Diesen beschrieb 1922 der Geograph Prof. Dr. Metz wie folgt:

"Für das gesamte niedere Hügelland, das zwischen die höher aufragenden Gebirge des Odenwalds und Schwarzwalds eingeschaltet ist, bürgert sich immer mehr und mehr der Name des Kraichgaus wieder ein, den er schon vor Jahrhunderten getragen hat.
So haben ihn Sebastian Münster [2] im 16. Jahrhundert und Math. Merian [3] im 17. Jahrhundert gebraucht, so vor allem Chytraeus [4] in seiner Schrift "Der Kraichgau und seine Bewohner zur Reformationszeit" aus dem Jahre 1587. Eine scharfe Grenze ist nur im Westen durch den Abfall zur Rheinebene gegeben. Im Osten erheben sich auf eine Strecke von 25 km Stromberg, Hardt und Heuchelberg als Grenzmarken. Nordöstlich davon setzt sich der Kraichgau allmählich in das gleichgeartete fränkische Stufenland fort. Im Nordosten liegt die Wasserscheide hart über dem Neckar, durch einen breiten Waldsaum hervorgehoben. Die wenigen Täler führen hier steil abwärts zum Neckar und greifen nicht weit in den Kraichgau hinein. Im Norden und Süden ziehen wir die Grenze da, wo das Land über 300 m ansteigt; der Wald die Feldfluren ablöst, andere Dörfer auftreten und andere wirtschaftliche Verhältnisse sich einstellen.
Die Grenze fällt vielfach mit der zwischen Buntsandstein und Muschelkalk zusammen, aber diese Gesteinsgrenze kann nicht allein gelten, zumal die Lössbedeckung über beide Gesteine hinweggreift, so dass der Untergrund kaum mehr zur Geltung kommt. Zudem gibt es in der Natur selten scharfe Grenzlinien, sondern gewöhnlich fließende Übergänge."
Wir leben in unserem Landschaftsraum in einer der ältesten Kulturlandschaften Europas, denn nördlich von Mauer fand in der Sandgrube des Grafenrain Daniel Hartmann am 21. Oktober 1907 in 24 Meter Tiefe einen menschlichen Unterkiefer, den ältesten bisher bekannten Menschenrest. Weltberühmt wurde dieser Fund des Homo erectus heidelbergensis, welcher vor etwa 500 000 Jahren vielleicht hier gelebt hat. Gleichzeitig fand man zahlreiche Tierknochen vom Mamut, Elefanten, Nashorn und Elch. Der damalige Mensch lebte sicher als Jäger.
Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Durch die Lagerung der Gesteine ist der Kraichgau als eine Mulde zu bezeichnen. In dieser Mulde liegt im nordöstlichen Teil unser Heimatstädtchen.

Diese Kraichgausenke ist von einer mächtigen Lössdecke überzogen. Feiner Lössstaub wurde bei Wintertemperaturen unter -40 °C während der Riß- und Würmeiszeit [5] aus der Rheinaue angeweht und im Kraichgau als Löss auf den Hochflächen, sowie an den nach Osten exponierten Leehängen, abgelagert. Dieser Lössmantel, welcher über das Land bis zu einer Höhe von 20 Meter ausgebreitet ist, gibt ihm seine Fruchtbarkeit. Der Löss war für die spätere Besiedlung wichtig, die an der Wasserfrage nicht scheiterte, da der hohe Nährstoffgehalt dieser Bodenart höhere Erträge liefert, sich leichter erwärmt und auch in der Bearbeitung vorteilhaft ist. Unser Raum war seit dem Jungpaläozoikum [6] Senkungsgebiet und somit zu Beginn des Tertiär [7] bereits vorhanden [8].
Vulkanismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Sehr heftig war im Tertiär die vulkanische Tätigkeit in Deutschland. Eifel, Vogelsberg, Rhön und Teile der Schwäbischen Alb waren davon betroffen. Auch ein Riesenmeteorit zerstörte im Tertiär weite Teile Süddeutschlands, als er bei Nordbayern aufschlug und den Krater des heutigen Ries entstehen lies. Zeugen der jüngeren vulkanischen Tätigkeit in unserem Raum sind der Steinsberg, sowie im Odenwald der Katzenbuckel und die basaltischen Gangfüllungen zwischen dem Unteren Muschelkalk bei unserem Städtchen an der Bahnlinie Neckarbischofsheim Stadt nach dem Nordbahnhof an der Biegung vor der Pulvermühle.
Die Entdeckung dieser geologischen Besonderheit in der Gemarkung Neckarbischofsheim, welche heute als schutzwürdig angesehen wird, erfolgte anlässlich der Erweiterung der Straße Neckarbischofsheim-Waibstadt in den Jahren 1851/1852 am Walkrain [9]. In den damaligen Fundberichten von geologischen Zeitschriften und der Karlsruher Zeitung vom 23. November 1852 wurde dieser geologischen Neuentdeckung größte Beachtung geschenkt. Dieses basaltische Gangsystem erstreckt sich, wie neue magnetische Messungen ergeben haben, über eine Länge von ca. 5,5 km und kann nach Süden bis ins Rote Reisig und nach Norden bis hinter den Friedhof von Heimstadt mit fiederartig versetzten Gangstücken nachgewiesen werden. An manchen Stellen wurden schlotartige Ausbeulungen ermittelt [10].
Die Altersdatierung nach der Kalium-Argon-Methode [11] ergab in Neckarbischofsheim für das westliche Vorkommen (= Nordgang) 64,8 Ma (64,8 Mill. Jahre), für das östliche 65,4 Ma (65,4 Mill. Jahre). Dieses basaltische Gestein gehört zu den ältesten Eruptivgesteinen des mittleren Oberrheingebietes. Wie wir dadurch erkennen, haben die bewegenden Kräfte der Erde wesentlich prägende Spuren im Kraichgau und damit auch in unserer Gemarkung hinterlassen. Das Heben und Senken vor Jahrmillionen Jahren ergab das Gleichmaß des Linienspiels von Tälern und Hügeln. Das Grundgerüst der Gesteinsunterlage in unserer Gemarkung bilden fast vollständig die drei Arten des Muschelkalks. Nur kurz vor den Eicheläckern [12] im Benzengrund [13], sowie in der Hardt [14], haben wir Keuper [15].
Geologische Schichten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In unserer Gemarkung liegen die Gesteine folgendermaßen übereinander (von unten nach oben lesen) [16]:
Unteren Muschelkalk haben wir im Kolhplattenschlag, Wüstenrain, Kleines Flürlein, Altenberg, Speierswingert, Walkrain bis zum früheren Pfarrhaus, Vorderes Hellenta1 [17]
Mittlerer Muschelkalk befindet sich am Hang des Bitzenrain (Steinbruch), sowie am unteren Buchmannsgrund, Sieben Morgen unten bis zum Helmstadter Weg, unterer Betterich und untere Beine [18].
Der Obere Muschelkalk (Trochitenkalk) ist fast überall auf der Gemarkung anzutreffen. Trochitenkalk haben wir z.B. am Autenberg, Galgenberg, vordere Christlingen, Steinigter Bergwald, Steige, vordere Schendlingen, Wasen, Fuchsloch, vordere Heckmansklinge, untere Weinberge, untere Weinbergsäcker, die ganze Langenhardt, Flinsbacher Höhe, unterer Hansenberg, vor dem Sternet, vorderer Eckweg, das ganze Wingertgebiet beim Schießloch, Freudenfeuer, die Höhe des Helmstadter Weges (frühere Steinbrüche). Die Mächtigkeit der Trochitenschichten beträgt auf unserer Gemarkung bis zu 41 m. [19].
Lage der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Kern unseres Städtchens liegt auf der Talsohle einer Talweitung. Das umgebende Land ist seit Jahrhunderten gerodeter Wald, und es fehlt auch der typische Bach (Krebsbach) des Kraichgaus nicht [20]. Eine Vielfalt ist noch zu erkennen, da teilweise nur ein mittlerer Grad menschlicher Nutzungsintensität auf der Gesamtgemarkung vorhanden ist. Wir besitzen noch in verschiedenen Gemarkungsgebieten naturbelassene Wiesen, Obststreuwiesen, den Rest einer Feuchtwiese, Halbtrockenrasen, Mischwälder, Hecken und Feldgehölze, trotz der inzwischen weit fortgeschrittenen Verarmung und der Zersiedlung der Landschaft in der BRD und auch unserer Ortsumgebung. Die Vegetation wird durch das gemäßigte Klima, wie es in Mitteleuropa verherrscht, beeinflusst.
Entscheidende Impulse zur landschaftsgestaltenden Veränderung in der Agrarlandschaft (53,6% der Gesamtwirtschaftsfläche der BRD werden landwirtschaftlich und 29% forstwirtschaftlich, in Neckarbischofsheim 42% [1976] landwirtschaftlich und 42% forstwirtschaftlich genutzt) gingen von der Aufhebung des Flurzwanges, wahrscheinlich im Jahre 1870-1880 bei der ersten Flurbereinigung, aus. Es folgte die Veränderung der Anbaumöglichkeiten für landwirtschaftliche Kulturpflanzen durch Fortschritte in der Agrarchemie und die Ausdehnung der Nutzung auf bisher nicht nutzbare Flächen [21].
Historische Entwicklung der Gegend[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wenn man in der Landschaftsgeschichte zurückblättert, so kommt man wie Prof. Metz zu der Feststellung, dass nach der Steppe, primitive Kulturen gefolgt sind, der Wald mehr und mehr gelichtet wurde und die Römer [22] das hinter dem Limes liegende Land durch Straßen, wie dies auch durch Spuren einer alten Römerstraße zwischen Hasselbach und Ehrstädt, welche von Speyer nach Wimpfen führte und den Ausgrabungen von Steinsfurt bewiesen werden kann, erschlossen haben. Nach der Zerstörung des Limes besetzten die Alemannen das Land. Die römische Kultur ging in den Wirren der Völkerwanderungszeit unter. Erst die Franken, die um 500 n.Chr. den Alemannen folgten, führten die Dreifelder-Wirtschaft ein, bei welcher sich der Anbau von Wintergetreide, Sommergetreide und Brachland im dreijährigen Turnus ablösten. Dieser Volksstamm hat damit die Entwicklung zum Agrarland wesentlich beeinflußt.
Besiedlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Verteilung der nun folgenden ländlichen Siedlungen im Kraichgau erklärt sich aus dem Reichtum der Täler an Wasser, Weiden und Wiesen und leicht zugänglichen Feldstücken des Lösslandes.
Alemannen und Franken siedelten sich bevorzugt in Tälern und an Bächen an, wobei besonders auf die fränkischen Gräberfelder von Bargen und die Vermutung, daß die Erstbesiedlung von Bischofsheim um den Raum der Totenkirche geschehen ist, hingewiesen wird.
Bereits um das Jahr 1000 n.Chr. dürfte, wie auch die Erstnennung von "villa Biscovesheim" in einer Urkunde des Jahres 988 beweist, die Besiedlung in unserer näheren Umgebung nahezu zum Abschluss gekommen sein. Folgende Nachbarorte wurden schon vor unserer Erstnennung genannt: Waibstadt 795, Bargen 793, Eschelbronn 789, Helmstadt 782, Sinsheim 774, Hoffenheim 773, Dühren 769 und Babstadt 776.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Benz H. | 1964, Neckarbischofsheimer Flurnamen |
Hautzinger H. | 1977, Neckarbischofsheim. Die städtische Struktur und die zentralörtlichen Beziehungen einer Landstadt im nordöstlichen Kraichgau. Zulassungsarbeit |
Knauer N. | 1970, Der erdgeschichtliche Werdegang des Kraichgaus. o.J. |
Lacker E. | Unsere Heimat in geologisch-geographischer Sicht. 1922, Der Kraichgau. |
Metz | 1928, Geologischer Führer durch Heidelbergs Umgebung |
Rüger L., Schweizer, Kraatz | 1982, Kraichgau und südlicher Odenwald |
Einzelnachweise, Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Landschaft: Nach Struktur und Funktion mehr oder weniger einheitlich erscheinender Ausschnitt der Erdoberfläche. Landschaft wird als Erlebniseinheit vor allem als optisches Bild erfasst, sie besteht in der Regel aus einem Ökosystemgefüge.
- ↑ Sebastian Münster: Hebraist und Kosmograph, 1488-1552; Professor in Heidelberg
- ↑ Mathäus Merian d.Ä.: Kupferstecher und Verleger 1593-1650; schuf über 2000 Städtebilder u.a. Sinsheim, Eppingen, Heidelberg, Waghäusel, Mosbach
- ↑ David Chytraeus (1530-1600): Sohn des Pfarrers Mathäus Kochhaf zu Menzingen, Schüler und jüngerer Freund Melanchthons in Wittenberg, Dr. der Theologie, Universitätsprofessor in Rostock, weitgereister Reformer des Kirchen- und Schulwesens mit längeren Aufenthalten in Niederösterreich und der Steiermark, der mit seiner "Oratio" von 1555 die erste landeskundliche Beschreibung des Kraichgaus verfasst hat. (Bickel 1987)
- ↑ Riss- und Würmeiszeiten: Sind die jüngsten Eiszeiten seit etwa 250.000 Jahren vor Jetzt
- ↑ Jungpaläozoikum: Jüngster Abschnitt des Erdaltertums, etwa 250 Millionen Jahre vor Heute
- ↑ Tertiär; tertius = der Dritte: drittes Erdzeitalter; begann etwa 70 Millionen Jahre vor Heute und dauerte etwa 65-68 Millionen Jahre.
- ↑ Wurster, 1963
- ↑ Hans Schmid, 1934/35, Unsere Ackererde
- ↑ E. Lacker, 1979, Der erdgeschichtliche Werdegang des Kraichgaus
- ↑ Kalium-Argon-Methode (Horn et al. 1972): Eine der Methoden zur absoluten Altersbestimmung von Gesteinen durch Messung ihrer Radioaktivität.
- ↑ Eicheläcker: S. Hans Benz: Flurnamen (unveröffentlicht). Ehemals Eichenwald, den die Herrschaft Ausgang des 17. Jahrhunderts durch Hasselbacher Bauern roden ließ, um die Landnot zu beheben. Die Äcker befinden sich heute noch im Besitz der Hasselbacher Bauern (s. Vertrag Daniel Ströbe vom 15.5.1691).
- ↑ Distrikt im Mühlwald
- ↑ Distrikt im Mühlwald
- ↑ Schweizer/Kraatz: Keuper: Gegenüber dem reinen marinen Muschelkalk sind es im Keuper mehr terestisch beeinflusste, klastische Sedimente (Trümmergesteine). Keuper kommt von Köper = buntgewirkter Stoff
- ↑ Hans Schmid, a.a.O.
- ↑ Unterer Muschelkalk: Das kalkreiche Gestein, das wir heute als Muschelkalk bezeichnen, entstand in ewa 220 Mill. Jahren durch Ablagerungen am Grunde eines tropischen Meeres. Der untere Muschelkalk, die tiefste Schicht dieser Ablagerungen, besteht im wesentlichen aus dem sogenannten Wellendolomit und Wellenkalk.
- ↑ Mittlerer Muschelkalk: Der mittlere Muschelkalk besteht aus Mergeln, Dolomit, Gips und mitunter Einlagerung von Salz.
- ↑ Oberer Muschelkalk: Der obere Muschelkalk ist sehr stark durchsetzt von Fossilien, den Schalen von Muscheln, Schnecken, Seelilien usw.
- ↑ Metz, 1922, Der Kraichgau
- ↑ N. Knauer, 1981, Vegetationskunde und Landschaftsökologie
- ↑ etwa 50-260 n.Chr