Es braust ein Ruf wie Donnerhall - Die Geschichte des Kriegervereins
Es braust ein Ruf wie Donnerhall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Geschichte es Neckarbischofsheimer Kriegervereins von Hans-Joachim Vogt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Als die deutschen Fürsten am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles den preußischen König zum Kaiser Wilhelm I. des neuen Deutschen Reiches ausriefen, lag eine turbulen-te Entwicklung hinter ihnen. Es war Großherzog Friedrich I. von Baden, dem eine entschei-dende Rolle zukam. Mit seinem Ausruf "Hoch lebe Kaiser Wilhelm" umschiffte er klug die problematische Frage, ob sein Schwiegervater nun als "Deutscher Kaiser" oder "Kaiser der Deutschen" tituliert werden sollte. Für Friedrich I. war mit einem einheitlichen Deutschland ein Ziel erreicht, auf das er viel Energie verwendete. Es wundert daher kaum, dass auch in Baden ein neues nationales Be-wusstsein erstand, das quer durch die gesamte Bevölkerung ging. Der Stolz, in so kurzer Zeit das ungeliebte Frankreich besiegt zu haben, war allerorten zu spüren - auch in Neckarbischofs-heim. Am unmittelbaren Kriegsgeschehen mit Frankreich waren vom Juli 1870 bis März 1871 insge-samt 48 Männer aus Neckarbischofsheim beteiligt, weitere 23 haben in Garnisonen gedient. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis der Wunsch reifte, auch in Neckarbischofsheim einen Kriegerverein zu gründen. Dieser wurde im Jahre 1872 ins Leben gerufen. Die Stammrolle des Vereins weist 31 Personen mit dem Eintrittsdatum "1872" aus. Darunter an Position Eins auch Heinrich Neuwirth, den späteren Bürgermeister und Landtagsabgeordneten. In den Verein wurden "alle deutschen Militärpersonen, welche unter der Fahne ehrenhaft ge-dient haben und einen regelrechten Abschied oder Militärpass besitzen, oder im activen Dienst sich noch befinden - sich überhaupt hierrüber ausweisen können und sich seit ihrer Beurlau-bung bzw. Verabschiedung vollständig gut betragen haben" aufgenommen. Wer "älter als 50 Jahre, oder krank und gebrechlich" war, wurde ebenfalls nicht aufgenommen. Der Zweck der Kriegervereine bestand: "in der Erhaltung und Belebung des militärischen Geistes und der kameradschaftlichen Beziehung der Mitglieder zueinander durch gesellige Un-terhaltung. Der Pflege der Liebe zu Kaiser und Reich, zu Fürst und Vaterland; der Unterstüt-zung der Mitglieder in Not, Erkrankung ihrer Person, oder im Falle des Ablebens, an die Hin-terbliebenen". Gerade letzteres, die Unterstützung der Mitglieder, entwickelte sich in den weiteren Jahren immer stärker. Doch dazu später mehr. In einem Schreiben des Bezirksamts Sinsheim an das Ministerium des Inneren vom 6. Juli 1872 werden nur zwei "Veteranenvereine" genannt und zwar Hoffenheim mit 50 Mitgliedern und Neckarbischofsheim mit 27. weiter werden als sog. "Zweigvereine " aufgeführt: Rappenau mit 35, Waibstadt mit 33, Helmstadt mit 33, Epfenbach mit 22, Reichartshausen mit 18 und Bargen (zum Hauptverein Obrigheim, Amt Mosbach) mit 8 Mitgliedern. Am 18. Januar 1873 wurde der Kriegerverein in Sinsheim mit 56 Mitgliedern gegründet. Im Amtsbezirk Sinsheim gab 1879 schon 18 Organisationen, die überwiegend zu keinem übergeordneten Dachverband gehörten. Später schloss man sich dem Badischen Militärver-einsverband in Karlsruhe an. Doch zurück nach Neckarbischofsheim. Zum ersten Vorstand wurde Julius Schieck gewählt, der das Amt bis 1874 führte und dann wieder von 1879 bis zu seinem Tod im Jahre 1895. Dazwischen hatten das Amt Philipp Metz-ger (1874-1876) und Sebastian Ritter (1877-1879) inne.
Zum 5jährigen Bestehen gab es 1877 mit der Fahnenweihe das erste große Fest in der Ver-einsgeschichte. Damit versiegen aber auch schon die Informationen über die ersten Jahre.
Die weitere, nachvollziehbare Geschichte, beginnt mit einem Protokollbuch vom 4. April 1886 . Nach der Gründung vermutlich die erste Hochphase des Vereins. Es gab monatliche Treffen, bevorzugt am ersten Sonntag des Monats, im Vereinslokal "zum Schwanen". Dabei wurden die anstehenden Termine besprochen, allgemeinen Probleme erör-tert, Beschlüsse zu Unterstützungen für Kranke gefasst und gesellig beieinander gesessen. Die Hauptaktivitäten lagen natürlich im Besuch befreundeter Vereine und den Feiern von Ge-denktagen (z.B. Sedan-Tag, oder Belfort-Feier) aber auch im festlichen Ausrichten des Ge-burtstags des Kaisers und des Großherzogs. Es gab 1870/71 viele Schlachten und damit auch zahlreiche Gelegenheiten für Gedenktage, die gerne genutzt wurden, um sich im alten Glanz zu sonnen.
Irgendwann in den Jahren vor 1886 wuchs im Verein der Wunsch nach einem Krieger-denkmal, das auf dem Marktplatz zwischen Rathaus und Kirche errichtet werden sollte. Dazu hatte man extra ein Gerüst aufgestellt, um sich eine räumliche Vorstellung machen zu können. Mit Bürgermeister Neuwirth und dem Gemeinderat hatte man namhafte Partner gefunden. Architekt Wilhelm Gesell aus Karlsruhe erhielt den Auftrag, das Denkmal zu planen. Gesell hatte sich zuvor beim Bau des neuen Amtsgerichts an der Waibstadter Straße ausgezeichnet. Bildhauer Friedrich Volke, ebenfalls aus Karlsruhe, war der Mann für die künstlerische Um-setzung. Mit einem überaus großen Fest wurde die Germania dann am 12. Juni 1887 enthüllt. Allein die befreundeten 36 Kriegervereine kamen mit 900 Personen. Dazu wurden noch 3.000 Eintritts-karten verkauft. Neben einem Festzug durch den mit Fahnen und Tannengrün geschmückten Ort gab es die feierliche Enthüllung, "Volksbelustigung" auf dem Marktplatz und ein Feuer-werk mit Bengalischem Feuer. Die Denkmalserrichtung hatte einen langen Nachhall. Allein in den beiden Jahren 1886 und 1887 traten 22 neue Mitglieder dem Verein bei.
Inzwischen hatte sich auch ein Unterstützungssystem für Bedürftige etabliert. Jedes Mit-glied, das durch Krankheit arbeitsunfähig war und eine ärztliche Bescheinigung vorlegte be-kam eine finanzielle Entschädigung je nach Dauer der Krankheit. Regelmäßig, insbesondere zu Weihnachten, wurden auch Witwen von Veteranen bedacht. Zusätzlich gab es vom Badischen Militärvereinsverband neue Statuten, die Zuwendungen bei Krankheit und Unterstützung von Mitgliedern und Witwen regelte. Etwas später gründete man eine eigene, sogenannte Sterbekasse, die der Hauptverein zur Gründung mit 150 Mark bezuschusste. Ferner wurde eine jährliche Zuweisung von 30 Mark einbezahlt, die 1903 auf 50 Mark erhöht wurde. Aus der Kasse gingen jährlich ca. 200 bis 300 Mark an Angehörige von Verstorbenen. Es muss eine wichtige Einrichtung gewesen sein, denn Bürgermeister Neuwirth zollte in der Generalversammlung von 1901 der Verwaltung der Sterbekasse ganz besondere Anerken-nung. Ab 1915 wurde die Kasse eine eigenständige Vereinigung mit einer separaten Generalver-sammlung Ab 1920 bestimmte man den Vorstand des Kriegervereins gleichzeitig zum Vor-stand der Sterbekasse. In der Generalversammlung vom 30. Januar 1930 wurde beschlossen einen Sterbehilfsfond anzugliedern.
Zu den Pflichten der Vereinsmitglieder gehörte auch die Teilnahme an der Beerdigung ei-nes verstorbenen Mitglieds. Umso mehr, wenn es sich um einen Veteranen des Kriegs 1870/71 handelte. Im Bericht für das Jahr 1909 liest sich das so: Am 17. Juni gaben wir Kamerad u. Kriegsveteran Philipp Schleihauf die letzte Ehre; der Mu-sikverein spielte auf dem Wege zum Friedhof einen Todenmarsch, die Gewehrsalution unter Führung von Kamerad Wilh. Metzger gab die üblichen drei Salven ab und der Vorstand hielt einen ehrenden Nachruf. Bei der Besetzungsfeierlichkeit des Herrn Grafen Dieter von Helm-statt stand der Verein Spalier, die Familie von Helmstatt war dafür sehr dankbar und übergab der Unterstützungskasse 50 Mark.
Mit dem Besuch benachbarter Vereine entfaltete der Kriegerverein eine rege Reisetätigkeit. Kaum eine Einladung, bei der nicht wenigstens eine Delegation entsandt wurde. Je nach Ent-fernung gab es sogar einen Reisekostenzuschuss. Man kann an der Zahl der Teilnehmer ablesen, wie wichtig ein Besuch war. So gingen z.B. 80 Mann zu Feierlichkeiten nach Waibstadt, oder 60 bis 70 nach Helmhof und Untergimpern. Wogegen man in Babstadt zur Fahnenweihe nur mit 25 Mitgliedern antrat. Nicht immer ging es bei den Festen harmonisch zur. Am 7. Juni 1891 feierte der Kriegerverein in Adersbach seine Fahnenweihe. Aus der Region Sinsheim, Mosbach und Eppingen waren 26 befreundete Vereine mit rund 600 Mitgliedern angereist. Weitere 300 Gäste kamen aus dem Ort und der Umgebung. Nach dem offiziellen Festakt ging man zu Musik und Tanz über und natürlich gab es jede Menge zu Trinken. Aus einem nicht mehr nachzuvollziehenden Grund entwickelte sich ein Streit mit einer Schlägerei, deren Ende in "leichten Körperverletzungen" in Form von blutigen Köpfen gipfelte und ein gerichtliches Nachspiel hatte. Im Protokollbuch vom 5. Juli 1891 liest sich das dann so: " Von Seiten des anwesenden II. Vorstands Herrn August Lehmann meinte, den Mannschaften, welche mit bei der Adersbacher Fahnenweihe waren und sich bei den dort vorgekommenen Schlägereien im keime betheiligt hatten, für ihre musterhafte Haltung den Dank auszusprechen, mit dem Wunsche sich fernerhin bei solchen Anlässen in gleicher Weise zu verhalten."
Im Jahresverlauf gab es neben dem Besuch befreundeter Vereine auch immer wiederkeh-rende Termine, die gerne gefeiert werden. So wie die Weihnachtsfeier oder Christbaumverlo-sung, die regelmäßig am 2. Weihnachtsfeiertag stattfand. Durch den Verkauf von Losen nahm man Gelder ein, die für besondere Zwecke verwendet wurden. Es war eine Veranstaltung, die auch in anderen Vereinen üblich war, denn die Casinogesellschaft stiftet z.B. 1886 den Erlös einer "Christbaumversteigerung" in Höhe von 11 Mark und 72 Pfennig für die Errichtung des Kriegerdenkmals. Später wurde aus der Christbaumverlosung auch öfter ein Ball mit "Gabenverlosung". Dazu wurde ein "Einkaufscomité" gebildet, das die zu verlosenden Gegenstände einkaufte. Der Termin für die Feier lag in der Regel am Jahreswechsel oder in den ersten beiden Januarwo-chen. Die Feier von Kaisers- oder Großherzogs Geburtstag wurde immer in feierlichem Rahmen be-gangen. Hier tat man sich mit Casiongesellschaft und Singverein zusammen. Es war mehr ein allgemein gesellschaftlicher Termin, nicht der eines einzelnen Vereins. Aus dem nachfolgenden Zeitungsartikel ergibt sich ein Eindruck über den Ablauf eines sol-chen Geburtstagesfestes: 10. September 1883 Sedansfest und Großherzoglicher Geburtstag wurden hier auch in die-sem Jahr festlich begangen. An den Vorabenden Glockengeläute, Musik mit Fackelzug, an den Festtagen selbst ebenfalls Glockengeläute am frühen Morgen und Tagwache mit Musik, Fest-zug in die Kirche. Die Festpredigt hielt Herrn Decan Gräbener. Am Nachmittag versammelten sich die hiesigen Beamten und andere hervorragende Persönlichkeiten aus der Gemeinde zu einem Festessen, wobei auf den hochverehrten Landesfürsten, höchstdessen hohe Gemahlin und auf das großherzogliche Haus toastirt wurde. Böllerschüsse begleiteten die stürmischen Hochs; das ganze Städtchen war reich beflaggt. Abends wurde ein Bankett abgehalten, das vom Kriegerverein veranstaltet, auch von anderen Personen zahlreich besucht war. Herr Pfar-rer Schmitthenner brachte einen kurzen Rückblick auf die Geschichte des badischen Fürsten-hauses werfend, den Toast auf den Großherzog aus; die beiden hiesigen Gesangvereine tru-gen mehrere Lieder vor, wodurch die Feier wesentlich erhöht wurde. In der festlich gezierten Synagoge wurde das Geburtsfest Sr. kgl. Hoh. des Großherzogs am Samstag gefeiert. Ein von den Schulkindern gut eingeübtes Lied trug sehr zur Hebung der Fei-er bei. Die von Herrn Lehrer Hanauer hier gehaltene Festpredigt gab Zeugnis von einem in Liebe und Dankbarkeit unserem theuren Fürsten entgegenschlagenden Herzen des Redners. Ueberhaupt machte die ganze Festlichkeit auf Jedermann den Eindruck, als sei es dieses Jahr etwas ganz Besonders, was den Geburtstag unseres Landesfürsten so wichtig und bedeutungs-voll mache! Möge unser geliebter Großherzog diesen Tag noch vielmal in Gesundheit erleben zur Freud und zum Wohl seines treuen Volkes! Soweit der Landbote.
Auch noch so patriotische Gesinnung schleift sich im Laufe der Zeit ab. So wundert es nicht, dass in den 1890er Jahren eine gewisse Ermüdung eintritt und die Feiern nur noch aus purer Tradition abgehalten wurden. Die stürmische Begeisterung der ersten Jahre hatte sich verflüchtigt. Das änderte sich erst wieder gegen Ender des Jahrzehnts. Da gab es bei den Mo-natsversammlungen immer wieder Vorträge von Vereinsmitgliedern, die über besondere Kriegsereignisse oder Themen referierten. So zum Beispiel sprach Herr Oberamtsrichter Dr. Quenzer über die Anteilnahme der badischen Truppen dem Übergang über die Beresina, Ka-merad Samuel Jeselsohn über die Schlacht am Teutoburger Wald; Herr Bezirksassistenzarzt Dr. Sartori über Sanitätswesen; Herr Kamerad Aug. Ruppert über die Deutsche Flotte und Herr Stadtpfarrer Specht über Choraltarbilder aus dem Mittelalter.
Vom 21. bis 23. August 1897 war das 25jährige Vereinsjubiläum verbunden mit dem Ab-geordnetentag des Elsenzgau-Verbands und der Überreichung der Erinnerungsmedaille des Großherzogs angesetzt. Auch ein Grund, warum sich das Vereinsgeschehen beflügelte Das Fest begann am Samstag mit einem Zapfenstreich auf dem Marktplatz und einem geselli-gen Zusammensein im Gasthaus Schwanen. Sonntags wurden die Festgäste auf dem Rathaus willkommen geheißen, im Adlersaal hielt man den Abgeordnetentag ab und im Schwanen das Festessen. Vom Forstamt erhielt man Tannenbäume, so dass der Festzug durch das mit Grünzeug und Fahnen herausgeputzte Städtchen marschierte. Am Schafhaus wurde Aufstel-lung genommen. Dann ging es über den Marktplatz und die Hauptstraße zur Apotheke und beim Amtsgericht in die Ziegelgasse. Von dort wieder über die Brücke der Hauptstraße in die Allee zum Festplatz. Singverein, Casinogesellschaft und Freiwillige Feuerwehr unterstützen durch ihre Teilnahme. Auf dem Festplatz in der Allee wurden die Reden gehalten. Bürgermeister und Landtagsabgeordneter Heinrich Neuwirth übernahm die Begrüßung. Dass Stadtpfarrer Gräbener die Fest-rede hielt war nichts Ungewöhnliches zur damaligen Zeit. Pfarrer Heinrich Hofert als zweiter Stadtpfarrer war auch zweiter Vorstand des Vereins. Im Laufe der Veranstaltung wurde ein Telegramm des Großherzogs verlesen, der dem Abge-ordnetentag einen guten Verlauf wünschte und dem Kriegerverein herzlich zu seinem Jubilä-um gratulierte. Das Telegramm wurde mit lautem Jubel aufgenommen. Anschließend "belustigte sich das junge Volk mit Tanz" , zu dem die Au'sche Kapelle auf-spielte. Am Abend gab es eine "italienische Nacht" mit Feuerwerk und um 21.30 Uhr ein Festball im Vereinslokal Schwanen. Mit einem musikalischen Frühschoppen im Gasthaus "Ritter" und einer Volksbelustigung auf dem Festplatz fand das Jubiläum montags dann seinen geselligen Ausklang. Etwas neidvoll muss wohl festgestellt werden, dass man auch schon 1897 verstand, zünftig zu feiern. Ein weiterer, ganz besonderer Gedenktag war die sog. Nuitsfeier. Er wurde meist als Gau-tag auf Verbandsebene gefeiert. Im Dezember 1908 richtete der Kriegerverein für den Ver-band die Feierlichkeiten aus. Nach der Kranzniederlegung zum Gedenken der Gefallenen am Kriegerdenkmal, fand im Kronensaal die eigentliche Feier statt, bei der Professor Pohrhurst aus Heidelberg einen Vortrag über das Gefecht von Nuits hielt.
Zur Erinnerung an den Friedensschluss 1871 beging man 1911 den sog. Kornblumentag . Auch er zeigt, wie stark der Patriotismus in jener Zeit am Wachsen war.
Ganz anders als die bisherigen Gedenktage beging man das 40jährige Jubiläum im Jahre 1912. Die Festlichkeiten begannen am 20. Juli mit einem Ausflug nach Weissenburg. Es beteiligten sich 48 Vereinsmitglieder, darunter fast alle noch lebenden Veteranen. Bei einer Mitglieder-zahl von ca. 140 waren das nicht allzu viele. Mit dem Zug fuhr man los und traf am späteren Nachmittag in Weissenburg ein, wo ein Besuch des Geisbergschlosses auf dem Programm stand (Bild links). Selbstredend, dass das mit einem nahe gelegenen Schlachtfeld zu tun hatte, dessen Ehrenmal man ebenfalls besuchte. Den Abend verbrachte man in geselliger Runde mit den Weissenburger Kameraden. Am Sonntag ging es auf der Rückfahrt über Wœrth, wo ebenfalls Kriegervereinskameraden einen Besuch des Kaiser-Friedrich-Denkmals organisierten. Im Bericht des Schriftführers stand dazu zu lesen: "und die Höhen von Fröschweiler und Elsasauen mit ihrem blutgetränk-tem Boden und vielen Denkmälern werden uns allen nimmer aus dem Gedächtnis entschwin-den." Nach dem Mittagessen ging es mit der Bahn zurück nach Weissenburg und über Landau, wo man noch die Stadt besichtigte, nach Neckarbischofsheim Erst am 8. Dezember gab es dann die Feier zum Stiftungsfest. Unter den Klängen des Musik-vereins ging der Festzug vom Marktplatz zum Gasthaus zur Krone, wo im Kronensaal die ei-gentliche Feier stattfand. Die Gästeliste konnte sich sehen lassen. Da war General Anheuser, der Vizepräsident des bad. Militärvereinsverbands, Oberamtmann Maier von der Bezirksver-waltung, Graf und Gräfin von Helmstatt, und alle Vorstände der Militärvereine des Un-terelsenzgaues. Selbstverständlich fehlte auch die Ortsgeistlichkeit nicht. Festreden wurden gehalten und auf Kaiser und Großherzog getoastet. Bürgermeister Neuwirth und Straßenmeister Lukas Klauser wurden zu Ehrenmitgliedern er-nannt, zahlreiche andere für 25 und 40 jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet. Insgesamt hatte der Verein im Jubiläumsjahr 140 Mitglieder, die höchste Zahl in der Vereinsgeschichte über-haupt.
Zwei Aktivitäten des Kriegervereins müssen noch erwähnt werden. Bei der ersten geht es um die Gründung einer sogenannten Sanitätskolonne, die im Verein ab dem 5. Dezember1897 diskutiert wurde. Spontan meldeten sich dort 6 Mitglieder, die sich weiter darum kümmern wollten. Bezirkstassistenzarzt Dr. Mees, auch ein Vereinsmitglied er-klärte sich 1900 bereit, die Ausbildung der Sanitätskolonne zu übernehmen. Es gab auch spe-zielle Vorträge hierzu. Im Jahre 1909 beschloss man, sich die Sanitätskolonne des Männer-hilfsvereins zu unterstützen. Damit war in Neckarbischofsheim die Grundlage für die Versor-gung des Neckarbischofsheimer Lazaretts im ersten Weltkrieg gelegt, aber auch der Samen für das Rote Kreuz. Die zweite Aktivität geht in eine ganz andere Richtung. Am 12. September 1909 beschloss die außerordentliche Generalversammlung die Errichtung eines Schießstandes. Als geeigneten Ort hatte man sich das alte Kalkwerk im Gewann Bitzenrain von Vereinsmitglied Friedrich Schäfer ausersehen. Vom Bezirksamt Sinsheim wurde die beantragte Genehmigung am 12. Februar 1910 erteilt. Im März begannen die Bauarbeiten mit herrichten des Geländes und Bau eines Unterstandes, aus dem auf Scheiben in 100 und 150 m Entfernung geschossen werden konnte. Von Vereins-seite hatte man 10 Gewehre des Typs M 71 erworben. Später wurden sie als ungeeignet abge-schafft und gegen ein anderes Gewehr ausgetauscht.
Geschossen wurde von April bis November jeweils sonntags ab 14.00 Uhr. Vom Angebot eines Schießstandes wurde rege Gebrauch gemacht. Es fanden auch Wett-kämpfe statt. Man schoss um den "silbernen Becher", auf Ringscheiben oder den laufenden Keiler. Teilweise wurde auch "gefechtsmäßig" geübt. Auch war es üblich, dass honorige Per-sönlichkeiten einen Pokal stifteten. Mit anderen Militärvereinen traf man sich zu Wettkämp-fen, bei denen der Sieger ebenfalls mit einem Pokal geehrt wurde. So modern, dass man die Scheiben auf Laufseilen zu sich holen konnte war man allerdings noch nicht. Es musste an der Scheibe jeweils eine Person postiert werden, die die Treffer ab-las. Zu deren Schutz wurden eine "Anzeigerdeckung" gebaut. Nach einem Protokolleintrag von 1912 übernahm der "Schützenverein" die anfallenden Kosten.
Und dann brach das schicksalshafte Jahr 1914 an. Am Ende des Protokolls zur Generalversammlung vom 18. Januar 1914 schreibt der Protokol-lant Ratschreiber Albrecht die wie eine Vorausahnung klingenden Wort: "Hoffen wir, daß im neuen Vereinsjahr der alte Soldatengeist und der gute kameradschaftliche Sinn weiterhin be-stehen und wachsen möge zum Wohle aller". Am 1. Januar feierte wurde noch die Weihnachtsfeier mit Gabenverlosung, Kaisers- und Großherzogs Geburtstag gefeiert, und die befreundeten Vereine in Untergimpern, Treschklin-gen und Ehrstädt besucht. Dr. Hamburger gestaltete einen musikalischen Abend. Nach der Mobilmachung am 31. Juli änderte sich alles. Die Vereinstätigkeit reduzierte sich auf die Vergabe von "Liebesgaben". Jeder einrückende Soldat erhielt 5 Mark Unterstützung. Albrecht vermerkt am 15. Januar 1915 in seinem Protokoll: "Wünschen wir nun, daß der Krieg bald den erhofften Sieg bringt und unsere im Felde stehenden Kameraden gesund und heil in die Heimat zurückkehren". Ein Wunsch, wie wir wissen, der nicht in Erfüllung ging. Weiterhin wurden Unterstützungen an die Soldaten im Feld verschickt. Die zurückgebliebe-nen Mitglieder beteiligten sich an Trauergottesdiensten. Schließlich ruhte die Tätigkeit in den Jahren 1917 und 1918 komplett. Mit einer Generalversammlung am 16. März 1919 versuchte der zweite Vorstand Heinrich Schieck nach dem Krieg einen Neuanfang. Der erste Vorstand Heinrich Neuwirth, nicht der Bürgermeistern, sondern sein Neffe, war am 1. Juni 1918 an der Französischen Front gefallen. In der Versammlung galt es vor allem den zahlreichen gefallenen Kameraden zu gedenken. Der Betrieb des Schießstandes wurde eingestellt und die Restschuld durch den Verein abge-deckt, "damit auch diese Angelegenheit geregelt ist", wie es das Protokollbuch vermerkt. Es kam jedoch zu keinen Vorstandswahlen, diese sollten drei Wochen später erfolgen. Es dauerte bis März 1920 bis wieder eine Versammlung einberufen wurde, dann erst wieder 1924. Schließlich endet das letzte Protokollbuch im Jahre 1929 - und damit geht auch die Geschich-te des Neckarbischofsheimer Kriegervereins ihrem Ende entgegen. In einer Aufstellung des Rathauses von 1933 wird der Kriegerverein noch aufgeführt. Es sind auch in der Stammrolle des Vereins Neuaufnahmen bis zum 1.11.1936 verzeichnet. Es steht jedoch zu vermuten, dass es sich bei den Mitgliedern im Wesentlichen um Aufnahmen wegen der sog. Sterbekasse handelte, die war auch noch existent. Das würde auch erklären, warum in der Zeit vom 1.1.1934 bis 1.11.1936 insgesamt 44 Mitglieder hinzugekommen sind.
Wann nun genau das Ende des Vereins eingetreten ist, kann derzeit nicht genau gesagt wer-den. Es gibt dazu keine weiteren Unterlagen - vielleicht taucht irgendwann, irgendwo eine Zeitungsnotiz auf, die uns darüber Bericht gibt. Bis dahin müssen wir es bei den wenigen, be-kannten Fakten belassen. Heute ist der Kriegerverein aus unserem Gedächtnis verschwunden. Kaum jemand weiß, dass es ihn überhaupt gegeben hat. Wie so vieles entstand er, als die Zeit dazu reif war, hatte seine Höhepunkte und Niederlagen, hinterließ mit der Germania eine Erinnerung an diesen Ab-schnitt der Geschichte - und verschwand ganz allmählich, als sich niemand mehr mit dem Ge-dankengut identifizieren wollte.