Familie Nathan Katzengold

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Nathan Katzengold, Raisa Katzengold, geborene Garbaskaja und Elfriede Katzengold wohnten in der Alten Rathausgasse 12

Ihr Leben und Wirken [1][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nathan Katzengold wurde am 07.01.1893 in Lodz südlich von Warschau geboren. Er heiratete am 27.06.1924 seine Frau Raisa, geborene Garbaskaja in Neckarbischofsheim. Seine Frau Raisa (geb. 01.07.1887 in Krasnopol, nahe der weißrussischen Grenze) kam 1902 zusammen mit anderen Verwandten in den Kraichgau. Wie damals für viele Frauen üblich hatte sie keine Berufsausbildung und verdiente ihren Lebensunterhalt als Hausgehilfin. Raisa Katzengold wurde stets als sehr fleißige Frau beschrieben. Die Familie Katzengold lebte in der Alten Rathausgasse unter äußerst bescheidenen und sehr ärmlichen Verhältnissen. Nathan Katzengold verdiente den Lebensunter- halt für seine Familie mit einem Handel mit Hühnern und Eiern, aber auch als Polsterer und Tapezierer. Gelegentlich bot er seine Waren im „Neckarbischofsheimer Volksboten“ an. „Nathan Katzengold war ein ganz ganz armer Jude. Er wohnte in der Gasse, zog mit seinen Waren zu Fuß von Ort zu Ort und versuchte mit den Bauern Handel zu treiben. Dabei hatte er ein Tragegestell mit einem großen Korb auf dem Rücken, in dem er seine Waren verstaute. Einmal war der ganze Korb mit Eiern gefüllt und er musste von Adersbach wieder nach Neckarbischofsheim zurück. Da bot ihm ein Eugen in Adersbach an, ihn mit seinem Motorrad mitzunehmen. Nathan Katzengold kletterte mit seinem Korb auf den Rücksitz des Motorrads und los ging die Fahrt. Kurz vor Neckarbischofsheim gibt es im Wald eine ganz spitze Kurve. Der Eugen konnte sein Motorrad nicht halten und fuhr geradeaus in den Graben. Dort landeten die beiden in den zermatschten Eiern. Seitdem heißt diese Kurve im Volksmund „Eugens-Kurve“. Mein Großvater erzählte uns Kindern diese Geschichte oft und er hatte offensichtlich seinen Spaß daran. Wir versuchten uns dann immer den armen Juden Nathan Katzengold mit seinen zermatschten Eiern vorzustellen.“ (Walter Zeller).

Am 01.02.1929 wurde das einzige Kind von Nathan und Raisa Katzengold Elfriede in Neckarbischofsheim geboren. Vermutlich wurde Nathan Katzengold mit seiner Familie im Zuge der „Polenaktion“ aus Deutschland abgeschoben. Im Oktober 1938 bereitete die polnische Regierung einen Erlass vor, der vorsah, allen polnischen Juden, die im Ausland lebten, die polnische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Die deutsche Reichsregierung nahm das zum Anlass, alle im Deutschen Reich lebenden polnischen Juden nach Polen abzuschieben. Von dieser Maßnahme waren ca. 17 000 jüdische Mitbürger im Deutschen Reich betroffen. Unter den Abgeschobenen befand sich auch die Familie Grynspan. Deren 17-jähriger Sohn erschoss in Paris am 7.November 1938 den Legationssekretär Ernst von Rath. Mit seiner Tat wollte er die Welt auf das Schicksal seiner Familie aufmerksam machen. Die Nazis nahmen diese Tat zum Anlass für das staatlich geplante Pogrom vom 09.November 1938.

Es gibt aber auch Indizien, dass die Familie Katzengold schon vor 1938 aufgrund einer Denunziation Neckarbischofsheim verlassen musste. Nathan Katzengold war ein streitbarer Mann, der sich nicht alles gefallen ließ. Davon zeugt auch die Geschichte „Die Fahne hoch“, die Klaus Herbold in seinem Buch „Neckarbischofsheim – Das Leben in der Gasse“ (S.71) aufgeschrieben hat: „Ein Straßenhändler verkaufte einem 13-jährigen Mädchen einen Wimpel der NSDAP. Stolz hängte es den Wimpel vor das Fenster ihres Zimmers an die Außenwand. Nachbar Katzengold meldete dies der Schulleitung, worauf die Unglückliche vor der ganzen Klasse von Lehrer Brandt gemaßregelt wurde. Bitterlich weinend wurde sie nach Hause geschickt, um sogleich den Wimpel zu entfernen.“ (Erzählt von Lydia Knauer geb. Hauck).

Dazu könnte auch die Information von Hermann Zeller passen: „In der Alten Rathausgasse wohnte Theodor Störzer. Wegen ihm, so wurde erzählt, wurde die Gasse in Adolf-Hitler-Gasse umbenannt.“ (Hermann Zeller, 25.02.2016) Auf jeden Fall war Nathan Katzengold nicht gut gelitten.

Nach ihrer Abschiebung lebten die Katzengolds in Lodz, Nathan Katzengolds alter polnischer Heimat. Im Ghetto von Lodz verliert sich die Spur von Nathan und Raisa Katzengold. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie unter den 43 441 Menschen, die zwischen 1940 und 1944 im Ghetto umkamen. Elfriede Katzengold musste im Ghetto als Näherin und Strohschuhflechterin Zwangsarbeit leisten.

Von ihr gibt es eine „Legitimations-Karte“ ausgestellt vom „Arbeitsamt-Getto“ mit der „Arbeiter Nr. 15891“ vom 07.12.1943 mit ihrem Bild und ihrer Unterschrift. Als Wohnsitz wird die Matrosengasse 7a/5 im Ghetto Lodz angegeben. Sie ist dem „Betrieb Nr.86 – Strohschuhabteilung Runge“ als „Flechterin“ zugewiesen und „darf“ mit dieser Legitimationskarte „die Straßen innerhalb des Gettos auch nach der Sperrstunde passieren.“

Da es danach kein Lebenszeichen von Elfriede Katzengold mehr gibt, muss davon ausgegangen werden, dass sie danach ums Leben kam. Im Archiv von Vad Vashem findet man folgenden Eintrag: „Elfriede Katzengold: geb. 1929 in Neckarbischofsheim, letzte Anschrift: Lodz Ghetto, Matrosengasse 7, Sprache: Deutsch, Beruf: Näherin, (Elfriede starb in der Shoah)“

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rechercheergebnisse von: Adolf-Schmitthenner-Gymnasium, Neckarbischofsheim, Projektgruppe „Judentum im Kraichgau“, Realschule Waibstadt, Verein für Heimatpflege e.V., Neckarbischofsheim, SPD – Ortverein Neckarbischofsheim, Verein „Jüdisches Kulturerbe im Kraichgau e.V.“, veröffentlicht in einem Flyer zur Gedenkveranstaltung zum 79. Jahrestag der Zerstörung der Synagoge in Neckarbischofsheim am 9. November 2017